EA ist nicht Ubisoft, doch was wäre wenn man sich bei Cal Kestis besonderem Macht-Talent auch etwas von Assassins Creed hätte inspirieren lassen...
Cal Kestis psychometrisches Talent ist in der Star Wars Lore keineswegs einzigartig, auch wenn es überraschenderweise häufiger in der neuen kanonischen Kontinuität vorzukommen scheint, als in der alten Legends-Kontinuität. Jedi-Meister Quinlan Vos und der "force collector" Karr Nuq Sin teilen Cal Kestis besonderes Talent durch das Berühren von Gegenständen Visionen aus deren Vergangenheit zu erhalten.
Sowohl Vos als auch Nuq Sin demonstrieren jedoch wie unterschiedlich dieses Talent in-universe bisher nutzen ließ. Vos verwendete es etwa bevorzugt als sechsten Sinn für seine Ermittlungen gegen Kriminelle, insbesonders bei der näheren Untersuchung von Diebesgut (weshalb er als potentieller Käufer gerne darauf bestand die heiße Ware sehr genau in Augenschein nehmen zu dürfen). Nuq Sin wuchs hingegen in einer Ära auf, als der letzte Jedi-Meister, Luke Skywalker, ins Exil gegangen war. Dementsprechend schwierig stellte es sich für den jungen Machtsensitiven heraus, überhaupt erst zu verstehen was seine seltsamen Anfälle zu bedeuten hatten. Mit der Hilfe seines Urgroßvaters Naq Med (ein ehemaliger Jedi-Padawan) und seiner Großmutter J'Hara fand er zumindest heraus, das er ein besonderes Schicksal vor sich hatte. Nuq Sin begann Artefakte der Jedi zu sammeln, um so deren Geschichte wiederzuentdecken. Man stelle sich vor, wie hilfreich dieses Talent sein könnte, um das verlorene Wissen des Jedi-Ordens wiederzuentdecken.
Spannender als die Frage, wie viel sich von der Geschichte der Jedi anhand einzelner Visionen rekonstruieren lässt, finde ich jedoch die Überlegung, ob der Gebrauch des psychometrisches Talents dazu geeignet sein könnte, auch das Wissen vergangener Generationen anzuzapfen. Laut Quinlan Vos war es Jedi zu seiner Zeit untersagt sein Talent auf Waffen anzuwenden, da man dadurch mit den Gefühlen und Emotionen der einstigen Anwender in Kontakt kommen würde. Die Jedi sahen dieses überschwappen von Emotionen als Gefahr und möglichen Weg zur dunklen Seite, weshalb es für Count Dooku auch sehr praktikabel schien Quinlan Vos mit Hilfe des Lichtschwerts seines ermordeten Jedi-Meisters Tholme zu foltern, indem er es ihm in die Hände legte. Abgesehen davon, dass man Visionen der Vergangenheit erhalten kann, ließen sich durch Psychometrie also auch Emotionen aus der Vergangenheit eines Objekts erfühlen, was interessante Möglichkeiten eröffnen würde. Man denke an Medaillons verstorbener Sith-Lords oder Jedi-Meister, mit denen man sich entweder etwas von deren Wut oder emotionaler Ausgeglichenheit borgen könnte. Aber es wäre auch vorstellbar, dass man auf diese Weise Zugang zu Machttechniken erlangen könnte, die man von keinem lebenden Anwender mehr erlernen könnte.
Die Ähnlichkeit zum Bleeding-Effekt aus Assassins Creed ließe mich jedenfalls darauf schließen, dass ein Jedi-Historiker wie Karr Nuq Sin alleine durch seine fortwährende Beschäftigung mit Jedi-Artefakten eine Art Jedi-Ausbildung durchlaufen könnte. Selbst das Erleben der Lebensgeschichten einstiger Assassinen oder Templer ging ja nicht spurlos an zunächst als schattenhafte Attentäter völlig unerfahrenen Personen wie Desmond Miles (ein Ex-Barkeeper) oder Layla Hassan (eine Studienabbrecherin, die an ihrem eigenen Animus schraubte) vorüber. Der Bleeding-Effekt beschreibt in der Assassins Creed Lore, das überschwappen von Erfahrungen, Emotionen und Wissen des angezapften Vorfahren auf den jeweiligen Animus-Anwender. Dabei wird dieses Wissen nicht instant oder vollständig übertragen, sondern das ganze nimmt die Form einer Art Vergiftung oder Sucht an, bei der die eigene Persönlichkeit immer mehr beeinflusst wird. Würde man als Machtanwender intensiv in die an einem Lichtschwert haftenden Echos eintauchen könnte man wohl auch etwas von der Kampftechnik des einstigen Besitzers aufschnappen.
Während Karr Nuq Sin vielleicht helfen wird den Jedi-Orden an der Seite Rey Skywalkers und Finns wiederaufzubauen könnte Cal Kestis jedoch ein ganz anderes Schicksal ereilen. Kestis "Vertrauen in die Macht" macht ihn wie manchen Jedi in den Legends zu einem Blatt im Wind der Macht, wobei ihn dieser Wind überall hin tragen könnte. Als Erbe des Jedi-Meisters Eno Cordova und seiner ehemaligen Schülerin Cere Junda könnte Kestis eine Karriere als Schatzsucher und Abenteurer bevorstehen, zumal schon Jedi: Fallen Order sehr stark auf Prinzipien aufbaut, die man sonst auch in einem Schatzsuche- und Abenteuer-Franchise wie Tomb Raider oder Uncharted finden kann. Vielleicht wäre Cal auch in der Lage Schwester Merrin zu helfen, das Erbe der Nachtschwestern von Dathomir zu bewahren oder sogar einen möglichen "Schwesternorden" der Nachtschwestern zu finden. Zumindest in den Legends waren die Nachtschwestern ja nur eine Splittergruppe der neutraleren/graueren Hexen von Dathomir. Wenn jemand das Geheimnis der Herkunft der Nachtschwestern entschlüsseln kann, dann der Jedi-Ritter mit der Gabe in die Vergangenheit zu blicken. Aber auch Quinlan Vos dürfte nach Order 66 noch unter den Lebenden weilen, obwohl er auf einer der Suchlisten der Imperialen Inquisition steht. Es gäbe also noch einen mächtigeren und dunkleren Psychometrie-Anwender, der daran interessiert sein könnte Artefakte sehr buchstäblich in die Finger zu bekommen. Mit einer Art Bleeding-Effekt ausgestattet könnte Cal Kestis in einem eventuellen Fallen Order 2 jedoch auch noch neue Machtfähigkeiten erlernen, indem er diese durch das Sammeln von Artefakten oder an bestimmten Orten der Story durch Echos der Macht erlernt.