JRPGs machen es einem mit ihrer Benennung-Strategie oft nicht einfach, aber die Trails-Reihe aka The Legend of Heroes ist unter Umstände die mit der längsten durchgehenden Erzählung...
The Legend of Heroes: Trails in the Sky ist der erste Teil einer Trilogie und der Beginn einer mittlerweile 13teiligen Spielreihe (Trails in the Sky-Trilogie, Crossbell-Duologie, Trails of Cold Steel-Quadrologie, Trails into Reverie-Crossover, Trails through Daybreak-Trilogie[?]) die wegen ihren rundenbasierten Kampfsystem und der umfangreichen Lore auf meinem Radar aufgetaucht ist, als ich nach Spielen wie Persona suchte. Empfohlen wurde mir im Kontext meiner Suche nach Personalikes allerdings Trails of Cold Steel und da musste ich feststellen, dass dieses auch schon das sechste Spiel einer ganzen Reihe war. Die Suche nach Reddit-Guides und Videos, wo man am besten in die Reihe einsteigen soll gestaltete sich schwieriger als bei Yakuza/Like a Dragon, denn dort war der Einstieg relativ einfach und dank Remakes und Spielen in der modernen Dragon Engine ziemlich einfach. Yakuza 0 oder Yakuza Kiwami 1, beide sind in der selben Engine entstanden und man muss sich nur die Frage stellen, ob man sich die schrecklich veralteten Remaster von Yakuza 3-5 wirklich antun will, um die Reihe durch zu bekommen. Nach Yakuza Kiwami 1, Kiwami 2 und Yakuza 0 wusste ich damals, dass ich auch Yakuza 3 bis 5 riskieren würde und so ging ich doch den ganzen Weg. Bei The Legend of Heroes war es jetzt nicht anders, nachdem die Ratgeber zu sehr unterschiedlichen Urteilen gekommen waren und ich schon die Yakuza-Erfahrung unter dem Gürtel hatte, blieb mir irgendwie nichts anderes übrig, als auch wieder ganz vorne anzufangen, allerdings mit Spielen die noch keine Remakes erhalten haben (2025 soll aber ein Remake von Trails in the Sky FC [First Chapter] erscheinen).
Das war also mein Sommerprogramm 2024, denn am besten lassen sich so alte Spiele mit dem Steam Deck spielen und das ist bei mir vor allem in den heißeren Monaten im Einsatz. Tatsächlich konnte ich die gesamte Trails in the Syk-Trilogie im Sommer 2024 hinter mich bringen und dass ich im Anschluss nicht weiter gemacht habe liegt an Trails in the Sky 3rd. Pausen tun außerdem ganz gut. 2025 möchte ich sehen, wie es weiter geht, zumal ja auch eine Lokalisierung von Trails through Daybreak II, das Trails in the Sky FC Remake und eine Lokalisierung des Sequels zu Trails through Daybreak III erscheinen sollen. Wegen des wahrscheinlich anstehenden Remakes der Sky-Trilogie wollte ich die Originale ohnehin aus dem Weg haben.
In die Legend of Heroes-Serie einzusteigen erschien mir 2024 als eine mögliche Zeit- und Geldverschwendung, sollte es zwischen mir und den Trails nicht funken. Einfach durchquälen bis es mal gut wird finde ich nur akzeptabel, wenn sich dieser Zeitraum begrenzen lässt. Yakuza 3-5 waren da als Vergleich teilweise auch sehr zäh, hatten aber ihre guten Seiten. Im Zweifelsfall habe ich mir dann einen guten alten Trainer besorgt und einfach nur die Haupt-Story durchgezogen. Die persönlichen Schmerzgrenzen sind da ja sehr unterschiedlich, aber Yakuza 3-5 konnte ich seinerzeit in insgesamt 60 Stunden bewältigen und wie gesagt, nicht alles war schlecht. Remakes dieser Spiele würde ich definitiv kaufen und in vollem Umfang genießen. Am Ende waren die alten Trails aber mehr als nur erträglich, denn die rundenbasierten Kämpfe und die Möglichkeit überall speichern zu können, halfen mir auch über sehr unmotivierende Passagen hinweg. Töte ein paar Monster, gehe ein paar Meter weiter, speichere und morgen nochmal das gleiche, irgendwann findet sich die Motivation schon wieder.
Vom Gameplay her war ich sogar sehr überrascht, wie sauber diese Spiele von 2004 wirken. Für damalige Verhältnisse würde ich schon von hochwertigen Spielerfahrungen sprechen und sie können gegenüber manchen Indie-Titeln auch heute noch beeindrucken. Ich habe im Sommer 2024 zwischen den Trails in the Sky-Titeln auch Octopath Traveler gespielt und da hätten mir Unzulänglichkeiten bei den älteren Trails ja durchaus sehr störend auffallen können, was aber nicht der Fall war. Ich würde sie jetzt nicht als auf einem Level mit Octopath Traveler bezeichnen, da doch einiges an modernen Komforts fehlt, aber wie gesagt, für ihre Zeit sind die Trails in the Sky beeindruckend.
Was mir an Trails in the Sky zunächst etwas missfiel war das Setting in einer steampunkartigen Quasi-Fantasy-Welt mit Abenteuerergilde. Da kamen in mir einige Vorurteile gegenüber JRPGs und Animes hoch, aber diese legten sich bald wieder. Die Welt von The Legend of Heroes sieht so aus wie sie es tut, weil die magisch-industrielle Revolution erst einige Jahrzehnte zurückliegt und man technologisch sonst erst bei der kohlegetriebenen Dampfmaschine angekommen wäre, die allerdings auch schon Fahrzeuge antreiben kann. Mit so einer Prämisse kann man mich durchaus überzeugen rustikale Häuser und Städtchen ins Herz zu schließen. Ich würde das Orbment-System, also die bunten Kugeln mit denen man Magie-Skills und Statboni freischalten kann, sogar mit dem Materia-System aus Final Fantasy VII Remake vergleichen. Abgesehen davon sind FF VII und The Legend of Heroes jedoch grundverschieden und ich erlebte hier keine Momente, die mich wie bei Tales of Arise (dessen Name mich auch einige Male zu Verwechslungen mit Trails in the Sky & Co verleitet hat) glauben ließen die Entwickler hätten Story-Elemente bei der Konkurrenz geklaut (im Fall von Tales of Arise wäre das für mich Xenoblade Chronicles 1 und 2).
Die Trails-Spiele sind dafür bekannt eher langsam anzufangen und gerade für die Sky-Trilogie würde ich das vollumfänglich bestätigen. Die Spiele fangen sehr beschaulich an, steigern sich dann aber zu Geschichten in denen man mit allem rechnen könnte. Dazu später noch mehr. Trails in the Sky FC fängt damit an, dass man in die Rolle der Protagonistin Estelle Bright schlüpft (2004 überhaupt kein Problem, heute wohl schon ein milder Skandal mit Wokeness-Vorwürfen) und an der Seite ihres begabten Adoptiv-Bruders Joshua auszieht, um sich einen Namen als Bracer zu verdienen. Bracer sind praktisch Abenteurer, wie man sie aus diversen Animes kennen kann. Die Bracer-Gilde ist demnach auch so eine typische Abenteuer-Gilde die Jobs an registrierte Mitglieder vergibt und so nebenbei ein Rangsystem für diese führt. Denn die Welt ist voller scheinbar unbezähmbarer Natur und so nebenbei gibt es auch hin und wieder Kätzchen zu retten.
Trails in the Sky ist im Königreich Liberl angesiedelt und dieses ist nicht die einzige Nation des Kontinents Zemuria. Relativ früh im Spiel erfährt man etwa schon vom 100-Tage-Krieg, in welchem das Imperium von Erebonia eine Invasion Liberals wagte und nur durch überlegene Technologie und den Heldenmut eines gewissen Colonel Cassius Bright zurückgeschlagen werden konnte, woraufhin es der überaus fähigen Königin Liberals gelang einen Waffenstillstand und Friedensvertrag mit Erebonia auszuhandeln. Cassis Bright - DER Cassius Bright ist nicht nur ein Kriegsheld und nebenbei Estelles und Joshuas Vater, sondern auch einer der wenigen S-Rang Bracer Zemurias, der seine Militärkarriere aufgegeben hat, um für seine Tochter zu sorgen, nachdem Estelles Mutter im Krieg einem Angriff Erebonias zum Opfer fiel. Einer der erfolgreichsten und von Gangstern gefürchtetste Bracer der bekannten Welt zu werden ließ sich wohl leichter mit dem Dasein als Vater vereinen, als eine Karriere als Militär. Aber ich will dem legendären Cassius Bright hier keine Vorwürfe machen, das könnten seine Kinder wohl viel eher.
Estelle Bright ist jedenfalls keine Superheldin und mit gerade 16/17 auch erst ein Bracer-Lehrling, dem man noch keine Karriere bis zum inoffiziellen S-Rang zutrauen würde. Ihr Adoptivbruder und erstes Teammitglied Joshua scheint hingegen durchaus mehr Potential zu besitzen, ist aber auch kein zweiter Cassius Bright. Die beiden stehen also etwas im Schatten des legendären Vaters, aber für die tägliche Arbeit der Bracer-Gilde braucht man auch keinen Superstar und so beginnt man erst einmal mit seiner Lehr-Reise von Stadt zu Stadt, um sich von jeder örtlichen Bracer-Gilde die Befähigung als Bracer bestätigen zu lassen. Teilprüfungen und am Ende eine Abschlussprüfung, da fühlt man sich auch wieder wie ein Auszubildender, aber mit einem vergleichsweise cooleren Job als in der Realität. Das Gefühl Fortschritte zu machen und sich einen immer höheren Rang zu verdienen ist etwas das Trails in the Sky FC und SC (First Chapter und Second Chapter) in meinen Augen sehr gut vermittlelt.
Auf der Reise in Trails in the Sky FC stößt man schließlich auf immer neue Teammitglieder, die sich der Party jedoch nur für einen Teil der Story anschließen. So komplett fix ist das Team also nicht und auch die beiden Sequels spielen mit dieser Mechanik, wobei es Trails in the Sky 3rd mit seinem Mega-Cast und den zeitweise verschiedenen Teams auf die Spitze treibt. Gear und Orbs für seine Party zu managen ist nicht immer leicht, aber zumindest macht es mechanisch Sinn. Gegner haben oftmals elementare Schwächen und das eigene Team nutzt verschiedene Waffen, sodass die Kämpfe durchaus herausfordernd sein können und auch etwas Planung verlangen. Dass einem die Schwächen der Gegner jedoch so klar kommuniziert werden und diese auch in der Overworld sichtbar sind - das ist einer der Gründe warum ich die frühen Trails-Spiele so bewundere, denn Mechaniken wie diese wurden in anderen RPGs erst viel später implementiert.
Trails in the Sky FC nimmt Fahrt auf, als man einer Verschwörung gegen den Thron auf die Spur kommt und auch wenn dieser Plot gegen Ende des ersten Teils aufgelöst wird, in Trails in the Sky SC geht es weiter, denn die Verschwörung ist nur ein Teil der Bedrohung. Aus einem Entwickler-Interview habe ich gehört, dass die Trennung von Trails in the Sky FC und SC ursprünglich nicht so geplant war. Man entwickelte ursprünglich ein Spiel und trat nach Vollendung der ersten Hälfte an den Publisher heran, der gleich darauf drängte diese Hälfte als eigenständiges erstes Spiel zu vermarkten und den Rest des Spiels dann als Sequel zu verarbeiten. So gesehen gehören Trails in the Sky FC und SC einfach zusammen. Ich will wirklich nicht zuviel über den Plot verraten, zumal 2025 ja ein Remake des First Chapter erscheinen soll und damit auch ein Remake des Rests der Trilogie sehr wahrscheinlich wird.
Ich kann aber nicht anders und muss mich etwas über Trails in the Sky 3rd auslassen. Dieses ist ein wirkliches Sequel und ändert auch den Protagonisten zu Kevin Graham aus Trails in the Sky SC. Sky 3rd muss sich mit dem Fallout der Ereignisse von Sky SC beschäftigen, man bekommt aber auch einige Flashbacks geboten, welche erläutern, was seit Sky FC passiert ist und trotz des massiven Casts aus Companions aller bisherigen Trails in the Sky-Chapter schafft man es jedem noch etwas mehr Tiefe und Persönlichkeit zu geben, wenn auch nur mit dem Mittel der Flashback-Sequenzen. Und so nebenbei wirft Sky 3rd auch noch neue Companions mit ins Rennen wie Schwester Ries Argent oder Renne aus Trails SC.
Das World Building in The Legend of Heroes ist auch sehr beeindruckend und erinnert mich an Interviews mit einem meiner persönlichen Helden, dem Autor Timothy Zahn, der sein Erfolgsrezept für die Thrawn-Trilogie auch damit erklärte, dass sich die geschaffene Welt größer anfühlen muss, als man sie zeigen kann. Der Sky-Arc spielt nur in Liberl, bis auf kurze Abstecher, aber er vermittelt den Eindruck einer viel größeren Welt mit unzähligen kleinen und auch den großen äußerst mächtigen Staaten. The Legend of Heroes ist daher auch eine Weltreise, denn jeder Arc führt in eine andere Nation des Kontinents und wer weiß, ob man die Story eines Tages überhaupt auf Zemuria beenden wird, denn im Zuge einer magisch-industriellen Revolution wird man wohl auch irgendwann den Rest der Welt erkunden wollen. Die Entwickler selbst behaupten schon lange, dass sie die Reihe beenden wollen, aber dieses Ende scheint sich immer weiter hinaus zu verschieben und könnte vielleicht gar nur den Kontinent Zemuria betreffen.