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Party mit dem Steam Deck

So ein Steam Deck macht schon Freude, aber welche Spiele laufen auf dieser Kreuzung aus PC und Handheld? Ich habe mir 2023 (noch einige Monate vor der Ankündigung des verbesserten OLED-Modells) eines gekauft und stand auch vor dieser Frage...

Vielleicht fragt man sich ja, was ich seit meiner Abkehr von SWTOR so treibe - mit etwas weniger Mitteilungsbedürftigkeit zocke ich immer noch, aber anders. Nachdem ich 2018 mit einer Nintendo Switch angefangen habe und damals etwas überschwänglich begeistert in die Welt der Zusatzausstattungen geschlittert bin, habe ich 2023 einige Bluetooth-Controller mehr und die Erfahrung, dass so ein Handheld gerade im Sommer eigentlich perfekt ist. Eigentlich will ich es gar kein Problem nennen, aber was mich an der Switch doch oft frustriert ist die eingeschränkte Produktpalette und dem folgend, die entsprechende Preisgestaltung. Ich zocke ja gerne günstig und schrecke auch nicht vor Preisvergleichen und der Suche nach Sales bei Drittanbietern wie Fanatical oder Humble Bundle zurück. Da gewöhnt man sich halt auch daran, mal einen 60-70 Euro Titel nach ein paar Jahren um 5-10 Euro in seine Bibliothek aufnehmen zu können. Das ist bei der Switch und der Preisgestaltung von Nintendo schon nur sehr selten möglich. Gleichzeitig ist die Switch durch ihre Leistungs-Einschränkungen und der Notwendigkeit von separaten Switch-Ports deutlich schwächer aufgestellt. Beim Warten auf die mögliche Ankündigung einer Switch-2 kommt man der Lösung aber auch nicht näher, denn selbst die Switch-2, Super Switch oder Switch Up wäre immer noch an Nintendos Preispolitik und seinen E-Shop gebunden. Das "switchen" zwischen einem fixierten Gamingplatz und dem Handheld-Modus war ein Erfolgsgarant der Switch, aber so ein Steam Deck kommt dem durchaus nahe. Man muss sich nicht einmal das Steam Deck-Dock kaufen, um dann wie mit der Switch auch auf dem gleichen Fernseher oder Bildschirm zocken zu können. Man kann auch von seinem PC einfach auf das Deck wechseln, dank Cloud Saves, ein Feature, das die Switch ja auch nicht so gerne nutzt. Die Switch setzt bevorzugt auf lokale Saves, womit es notwendig ist die selbe Konsole im Dock und Handheld zu nutzen, um den selben Spielstand fortsetzen zu können - jedenfalls bei Spielen, wo nicht extra ein Clound Save Storage eingebaut wurde. Beim Steam Deck ist es sogar so, dass Steam selbst Cloud Saves sichert und zur Verfügung stellt, worauf das Steam Deck natürlich zugreifen kann. Insofern kann man auch nach einem PC-Wechsel oder Upgrade wieder einfach seine alten Saves laden (zumindest sofern diese existieren und von Steam für das jeweilige Spiel unterstützt wurden). 2020 habe ich mir noch vor der Pandemie eine Switch Lite gekauft, wegen der höheren Akkulaufzeit dieses Modells. Auf dieser hatte ich dann das Problem, dass ich Saves oft manuell von einer Switch auf die andere schieben musste, wenn ich meine Switch der ersten Generation (mit der niedrigsten Akkulaufzeit) im Dock stecken ließ. Das war mühsam und ärgerlich, zumal nicht lange später die Switch mit der verbesserten Akkulaufzeit in den Handel kam und im Zuge der Pandemiejahre kam dann auch noch die Switch OLED auf den Markt. Als Käufer der Switch Lite ging mir das durchaus auf die Nerven, denn sowohl die verbesserte Switch, als auch die Switch OLED hatten die gleiche oder sogar etwas bessere Akkulaufzeit als die Switch Lite und das ohne das Problem mit den lokalen Saves. So etwas prägt und hat mich gegenüber Nintendo etwas verstimmt, wobei solche Praktiken in den ewigen Konsolenkriegen ja gängige Praxis sein sollen.

 

Soviel zu meinen Gründen warum ich mich für ein Steam Deck begeistern konnte, der Rest war eine simple Rechnung. Steam habe ich schon und das Deck erlaubt auch gegebenenfalls auch den Einsatz von Emulatoren und steamfremder Software. Was also an Spielen in meiner Bibliothek rumgammelt und mir für einen echten PC wie eine Verschwendung von Ressourcen vorkommt, bekommt auf dem kleineren Schirm eines Decks also vielleicht eine zweite Chance. Zu bedenken ist ja auch, dass mich die Switch schon darauf gedrillt hat, dass ich neben dieser auch meinen PC laufen lassen kann, für Videos, Guides oder einen besseren Soundtrack.

 

Der Griff zum Deck ist gar nicht so weit, wenn man sich auch schon durch andere Handhelds oder Mobile Games an den kleineren Bildschirm gewöhnt hat. Der Übergang wird umso leichter, wenn man ohnehin Controller gewöhnt ist, denn Maus und Tastatur zu verwenden würde die Nutzung des Decks doch etwas beschränken. Was mir zeitweise Schwierigkeiten bereitete war allerdings das an einem Xbox-Controller angelehnte Tastenlayout des Decks, welches sich bei den ABXY-Tasten ja von dem der Nintendo Switch unterscheidet. Da ich meine Switch Pro Controller auch für meinen Stand-PC verwende, kommt es da immer wieder mal zu buchstäblichen Fehlgriffen und Fails.

 

Die Hardware des Decks erlaubt es im Prinzip alles zu starten, was man auf Steam besitzt, was aber nicht immer empfehlenswert ist. Steam hat ein eigenes Rating-System für Spiele die man als verified betrachtet, was meiner bisherigen Erfahrung nach aber nur bedeutet, dass die gängigsten Probleme vermieden werden. Ob das Spiel wirklich flüssig rennt ist eine andere Frage. Dessen ungeachtet fressen die grafisch aufwendigeren Spiele auf dem Deck halt auch mehr Akku und die Maschine läuft durchaus warm. Das ganze ist imho daher nicht ganz so fein ausbalanciert wie bei Nintendo, wo Spiele allerdings auch für die Switch-Hardware optimiert werden müssen (was noch immer keine perfekte Framerate bedeuten muss). Mit der Akkulaufzeit stößt man auf ein Problemfeld, dass mich schon zur Switch Lite greifen ließ. 2 Stunden Akku sind mir zu wenig und 3 Stunden tun mir zwar nicht mehr weh, ich möchte aber auch etwas dafür geboten bekommen. Idealer wären in meinen Augen aber so 5-6 Stunden Akkulaufzeit, was halt eher weniger anspruchsvolle Spiele und gezielte Stromspareinstellungen erfordert. Am Rande meines Gewissens nagt aber auch die Frage, ob das Deck eines Tages die Probleme der Switch haben wird - namentlich, ob es zum bekannten Stick-Drift oder auch nur einfachen Tasten-Verschleiß kommen wird. Bei der Switch (außer der Switch Lite) ließe sich dieses Problem mit einem Austausch der ohnehin abnehmbaren Joycons managen. Ich persönlich nutze auf der Switch daher statt meinen schon etwas verschlissenen Joy-Cons daher das Hori Split Pad Pro. Vom Handling her der perfekte Joy-Con-Ersatz, es fühlt sich aber für die Größe etwas zu leicht an (zumal auf Gyros, Rumble und einen internen Akku verzichtet wurde - das Split Pad Pro lässt sich daher auch nur mit der Switch verbunden nutzen). Probleme mit den Joy-Cons bekam ich nach intensivem Einsatz aber auch erst nach über 1000 Stunden und da waren durchaus einige hundert Stunden mit Werfen und dergleichen dabei (Nintendo hat ja einige Spiele mit entsprechenden Bewegungs-Features). Bisher bin ich von diesen 1000 Stunden auf dem Deck noch weit entfernt, was mich zu dem Punkt führt, was ich mit dieser neuen Hardware bisher so getrieben habe.

 

Auf der Suche nach Spielen für das Steam Deck stellte sich für mich zunächst die Frage, was ich im Handheld-Modus spielen möchte bzw. auch mit welchen Spielen ich den erwarteten Verschleiß möglichst weit hinauszögern könnte. So ein Forza Horizon 5 wäre auf dem Deck zwar spielbar, würde aber eine Menge Akku fressen und irgendwie passt es auch nicht zum Handheld-Modus. Final Fantasy VII Remake verlangte schon meinem Stand-PC einiges ab und die Kämpfe sind für das Deck auch zu flashy. Irgendwie war ich von der Idee so große AAA-Titel abwechselnd auf dem Deck zu zocken gar nicht mehr so angetan. So zum Einstieg holte ich mir daher einige Telltales oder Visual Novels auf das Deck, wo man ja eher selten gezwungen ist die Knöpfe durchzudrücken. Aber das waren dann doch nur Experimente, bis ich auf Corpse Party stieß. Die top-down Grafik und das mich an Gameboy-Spiele erinnernde Gameplay schienen wie eine sichere Wahl und die errechte Akkulaufzeit lag auch über 6 Stunden.

 

Das Corpse Party-Franchise begann einmal vor langer Zeit als Indie-Titel im Jahre 1996 und war ursprünglich tatsächlich ein PC-Spiel. Damals hatte man aber noch ganz andere Standards und die Reihe kam erst Jahre später so richtig in Fahrt. Hinsichtlich der verschiedenen Versionen fehlt mir der Durchblick und ich habe 2023 zum auf Steam verfügbaren Remake gegriffen. Dieses hat auch einigen Bonus Content, der sogar ein Sequel teasern könnte, das nicht Corpse Party 2: Dead Patient ist. 2023 wurde kurz nachdem ich mit der Reihe durch war überraschend Corpse Party II: Darkness Distortion als Sequel angekündigt und dieses Spiel soll 2024 erscheinen. Dead Patient war scheinbar der Versuch des ursprünglichen Corpse Party-Schöpfers das Franchise fortzuführen, doch es dürfte ihm einiges in die Quere gekommen sein. So am Rande drang 2023 mit der Ankündigung von Darkness Distortion aber auch durch, dass selbst Dead Patient noch nicht ganz so tot ist, wie es der Name und die bisherige Entwicklungsgeschichte vermuten lassen. Fakt ist ja, dass Dead Patient ähnlich wie die anderen Corpse Party-Spiele in Kapitel untergliedert ist. Bisher gibt es aber nur Kapitel 1 und wer das Spiel also kauft erwirbt nur Kapitel 1 aus dem Jahre 2013. Wie, wann und ob sich die anderen Kapitel zur Steam-Version gesellen könnten steht in den Sternen. Ich will hier aber nicht zuviel über die unklare Zukunft eines möglicherweise aufgegebenen Sequels spekulieren. Als Indie-Spiel fehlt Corpse Party jedenfalls ein Rechteinhaber der auf laufende Releases und komplette Monetarisierung drängt, darauf sollte man sich einstellen, wenn man sich an die Spiele heranwagt. Team GrisGris kooperierte zwar bei den meisten Spielen mit dem Entwicklerstudio MAGES (das durch Steins;Gate und die Science;Adventure-Reihe bekannt ist), aber die IP gehört nun einmal nicht MAGES, das zudem letztes Jahr ein Problem mit seinen roten Zahlen bekommen hat und sich auch neu strukturieren muss.

 

Back to topic, man sollte die Corpse Party am besten mit Corpse Party beginnen. Der Grund dafür ist, dass die vermeintlichen Sequels eher Sidestories sind und oft auch nur wenig zum Plot beitragen. Book of Shadows ist in dieser Hinsicht das wichtigste Beispiel, denn dieses "Sequel" ist eine Ansammlung von Kurzgeschichten um und innerhalb der Story des Original-Corpse Party, wobei es meiner Meinung nach aber auch einige sehr interessante Details zu den Charakteren mitbringt. Die Haupthandlung von Corpse Party und dessen Ende wird erst im finalen Kapitel von Book of Shadows wieder aufgegriffen und da nimmt das ganze eine Wendung mit der nicht jeder Fan des Originals einverstanden sein muss. Sweet Sachiko's Hysteric Birthday Bash teaser zwar einige Charaktere von Blood Drive, es ist aber eine in sich geschlossene Nebengeschichte und kann sogar völlig ausgelassen werden. Blood Driver wiederum knüpft zwar am Original an und führt auch den losen Faden von Book of Shadows fort, der Plot geht aber erneut Wege die man sich vielleicht nicht erwartet oder gewünscht hat. Mich erinnerte die Entwicklung der Story an Koji Suzukis The Ring-Trilogie (die Romane auf denen später die Filme und deren US-Remakes aufgebaut wurden), denn Loop: The Ring III schlägt ja auch völlig andere Töne an, als man es nach den ersten beiden Romanen erwartet hätte. Ich selbst bin kein großer Fan des Plots nach dem True Ending von Corpse Party geworden, weshalb ich mich noch am ehesten für die Sidestories in Book of Shadows und das Spinoff Sweet Sachiko's Hysteric Birthday Bash begeistern konnte. Und ich hätte auch Gefallen an Dead Patient gefunden, wenn das Spiel nicht einfach so abrupt mit Kapitel 1 enden würde.

 

Die verschiedenen Corpse-Party-Titel haben sehr unterschiedliches Gameplay. Corpse Party 1 spielt sich wie ein Gameboy-Spiel aus den 90ern und hat als Remake Voice Acting und an Visual Novels angelehnte Dialog-Szenen spendiert bekommen. Das ganze wirkt auf mich sehr hochwertig und gelungen. Spielerisch eine Freude und von der Story her ohnehin. Das Mysterium der Schule in der Geisterwelt ist für mich die große Stärke von Corpse Party.

 

Book of Shadows opfert das Gameplay aus Corpse Party 1 und kann nun nicht mehr selbst durch die Schule laufen, sondern bedient ein Untermenü und kann Räume als Bild erkunden. Sweet Sachiko's Hysteric Birthday Bash ist fast schon eine Visual Novel und damit noch weniger interaktiv.

 

Blood Drive wiederum war ein Versuch Corpse Party zu seinen Wurzeln als JRPG zurückzuführen. Der Abschluss der Story hat eine 3D-Grafik (in meinen Augen hübsch oder zumindest erträglich) und man läuft quasi als Chibi durch die Welt. Diesmal gibt es auch Heil-Items, Einmal-"Waffen" um sich vor den deutlich aggressiveren Geistern zu schützen und man muss auch auf seine HP achten, denn in der Schule liegen nun Holz- und Glassplitter herum, die man umgehen sollte. Zudem gibt es Batterien, mit denen man seine Taschenlampe am Laufen halten muss. Blood Drive hat mir durchaus Spaß gemacht, aber leider war die Story nicht ganz so das was ich mir erhofft hätte.

 

Corpse Party 2 verbindet die Gameplay-Innovationen von Blood Drive mit einer top-down-Perspektive wie im Corpse Party 1-Remake und ich habe es geliebt. Leider gibt es seit 2013 nur dieses eine Kapitel und mit der Ankündigung eines zweiten wohl wieder von MAGES co-entwickelten Sequels namens Darkness Distortion habe ich Zweifel daran, dass es eine Fortsetzung dieses einen Kapitels geben wird. Corpse Party 2 hat neben Geistern nämlich auch Zombies, also echte walking corpses. Und auch das ganze schwarze Magie-Worldbuilding aus Book of Shadows und Blood Drive schien mir besser in diese Geschichte zu passen, in der wohl jemand in einem Krankenhaus Tote wiederauferstehen ließ.

 

Corpse Party 1 hatte für mich The Ring-Vibes und das im besten Sinne. Alles beginnt mit einer urban legend und einem Ritual bei dem man angeblich eine Geisterschule zu sehen bekommt - was sich als erschreckende Wahrheit herausstellt. Die Gruppe von Freunden wird durch das Schicksal oder eher den Willen der boshaften Schöpferin dieser eigenen Dimension voneinander getrennt, denn wie sich herausstellt, existieren parallel nebeneinander mehrere Versionen der Heavenly Host Elementary. Im Verlauf der Geschichte regt sich aber auch die Frage, ob die Schüler nicht nur "räumlich" voneinander getrennt wurden, sondern auch zeitlich. Das ganze ist schon ein wilder Spuk, um es mal so zu sagen. In dieser abgeschotteteten Dimension der Geisterschule liegen aber auch unzählige frühere Opfer des Spuks herum, wobei diese auch auf sehr unterschiedliche Arten umgekommen sind. Die Pixelgrafik des ersten Corpse Party hilft sehr stark den Gore-Faktor zu mildern, Horror ist es dennoch allemal, wenn auch mehr von der psychologischen Sorte. Manche der in diese Welt versetzten sind nämlich schlichtweg verhungert oder verdurstet und im Delirium beging so mancher und manche auch Mord oder Selbstmord. Corpse Party spielt mit dem Fantastischen, es gibt seinen Charakteren aber keine Superkräfte und nicht einmal eiserne Blasen, etwas das man schnell merkt, wenn man dem ersten Eimer mit übel riechendem Inhalt über den Weg läuft. So ganz "zahm" bleibt man aber auch nicht, denn der düstere Fluch der auf der Heavenly Host Elementary lastet wirkt sich auf zwei Arten aus, er beeinflusst und verstärkt die negativen Emotionen der Gestrandeten, es gibt aber auch zu Mord und Totschlag bereite Geister, denen man aus dem Weg gehen sollte. Da ist der Plan doch klar? Finde und rette alle Mitschüler, um dann gemeinsam einen Ausweg zu finden... wären da nicht der Zombie eines Serienmörders und der böse Geist, der diese Welt erschuf. Corpse Party hat das Drama eines Battle Royale und die übernatürliche Komponenten eines The Ring (oder Ringu, wenn man es so schreiben will). Nicht jeder wird zwangsläufig entkommen und selbst die Nachfolgewerke spielen mit dieser Hoffnung, dass es vielleicht doch einen Weg geben könnte. Schon die Bad Endings in Corpse Party 1 spielen mit dieser Hoffnung eines "Save them all".

 

Book of Shadows ist weitgehend eine Anthologie, die auch von verschiedenen Autoren geschrieben wurde. Die Geschichten widmen sind also sehr wechselhaft und widmen sich den unterschiedlichen Charakteren, was gut und schlecht sein kann, denn die Corpse Party-Spiele sind fast immer sequentiell aufgebaut. Man muss sich also durch jedes Kapitel durchspielen, um zum nächsten und schlussendlich dem Finale zu kommen. Kann man da jemanden wirklich nicht leiden, wird dieser Abschnitt etwas unangenehm. Book of Shadows spielt außerdem mit der in Corpse Party 1 etablierten Idee, dass Raum UND Zeit in der Heavenly Host Elementary durch einen bösen Geist kontrolliert werden. Glaubt man noch, dass die Ereignisse dieses Teils vielleicht einfach nicht kanonisch sind, so kistrallisiert sich spätestens in Sweet Sachiko's Hysteric Birthday Bash aber heraus, dass diese als gottgleiche Schöpferin dieser Welt Zeitschleifen etablieren kann, indem sich dieselben Ereignisse mit mehr oder weniger Varianz wiederholen. Da hätte man mehr daraus machen können? Hat man auch, ein ganzes Spiel namens Sweet Sachiko's Hysteric Birthday Bash, dass am Geburtstag des bösen Geists Sachiko spielt, an dem sie die Zeitschleifen unterbricht und all ihre Opfer zwingt sie einmal ganz anders zu unterhalten... im Rahmen der von ihr vorgegebenen Spielregeln. Das Ende von Book of Shadows baut allerdings auf dem tatsächlichen Ende von Corpse Party 1 auf, spielt also außerhalb der Zeitschleifen und stößt die Story in eine ganz neue Richtung, mit schwarzer Magie, Hexen und einer familiären Verbindung zwischen Ayumi und Sachiko SHINOZAKI.

 

Sweet Sachiko's Hysteric Birthday Bash war für mich nach dem unbefriedigenden offenen Ende von Book of Shadows ein echter Leckerbissen. Das Spiel hat immer noch Horror-Elemente, schafft es innerhalb der Heavenyl Host Elementary aber auch so etwas wie Slice of Life und Humor zu vermitteln. Die Erzählweise ist allerdings deutlich fixierter, ebenso wie das Gameplay. Dafür wird man mit einigen spaßigen Charakter-Interaktionen belohnt, die zeigen, man konnte durchaus noch einiges aus den Charakteren heraus holen, obwohl der Cast dank Book of Shadows da schon ziemlich aufgeblasen und meiner Ansicht nach zu groß für jedes normale Szenario gewesen ist.

 

Blood Drive ist der wohl umstrittenste Teil der Reihe, denn während man Sweet Sachiko's Hysteric Birthday Bash noch auslassen kann, führt Blood Drive die Story ja tatsächlich fort und das Spiel will auch das Ende der Heavenly Host Elementary sein, zumindest bis jetzt. Die finale Bonus Episode des Corpse Party 1 Remakes stieß allerdings zwei neue Charaktere in die Heavenly Host und brachte sie auch in Kontakt mit dem Helden von Heavenly Host - Satoshi Mochida. Das ganze scheint eine Zeitreise zu beinhalten und im Widerspruch zum Ende von Blood Drive zu stehen, was einige offene Fragen zurück ließ, die vielleicht nie oder bestenfalls durch Corpse Party II: Darkness Distortion geklärt werden könnten. Corpse Party 2: Dead Patient schien sich ja noch an das Ende von Blood Drive zu halten und das Sequel hatte in seiner Bonus-Episode sogar einen erwachsenen Satoshi zu bieten. Blood Drive und Dead Patient entstanden jedoch lange vor dem Corpse Party 1 Remake und somit wohl auch vor dessen widersprüchlicher Bonus-Episode. Fast könnte man meinen Blood Drive wäre so problematisch, dass man es am besten irgendwie rebooten möchte. In meinen Augen ist Blood Drive bei weitem nicht so übel wie sein Ruf, aber das Spiel hat Bugs und Glitches, ein anderes Gameplay-System und eine für viele unbefriedigende Story. Die weirden Grafik-Glitches haben mich auch gestört, sie waren aber verschmerzbar. Bei der Story musste ich da schon eher mit den Zähnen knirschen. Das Ende von Book of Shadows macht klar, dass man sich von einer noch eher vagen übernatürlichen Erklärung auf dunkle Magie stützt. Für mich war das ungefähr so als hätte man Stephen Kings Carrie plötzlich mit einer Story fortgesetzt in der Carries Mutter einer Familie von Hexen entstammt und eine ungeborene Zwillingsschwester hatte, die dann als Geister-Dämonin im Sequel ihr Unwesen treibt und Carries Cousine will sie aufhalten. Was mich am Book of Shadows stört ist der Umstand, dass damit zuviel erklärt und somit auch vereinfacht wurde. Das Interessante am ersten Corpse Party war für mich das Mysterium und dass man für manches nur vage Erklärungen finden konnte. In Blood Drive laufen stattdessen Magie-Anwender herum und man baut zwar Ayumi als neue Protagonistin auf, aber der Plot verschiebt sich vom Horror-Genre zunehmend zu Fantasy. Mehr Magie und weniger psychologisches Trauma - so ließe es sich vielleicht auch beschreiben. Blood Drive hat durchaus Psycho-Horror-Aspekte, wie den Umstand, dass die in verlorenen Klassenmitglieder praktisch aus der Existenz und damit auch allen Erinnerungen der realen Welt getilgt wurden - nur die ehemals Gestrandeten wissen noch von ihnen und den grauenhaften Erlebnissen in der Heavenly Host Elementary, was sie aber zu schwer traumatisierten Personen macht, die ihr Trauma niemandem glaubwürdig erklären können. Ich hätte gerne mehr davon und weniger apokalyptische Pläne gesehen.

 

Corpse Party 2: Dead Patient war/ist meiner Ansicht nach eine solide Weiterentwicklung des etablierten Gameplays, aber erzählerisch ist das ganze halt doch eine eigene Geschichte abseits der Heavenly Host Elementary. Das Krankenhaus mit seinen Korridoren, Stockwerken und plötzlich gefangenen Patienten und Besuchern versprühte eine interessante Atmosphäre, auch wenn sie sich zumindest oberflächlich vom modrigen verfallenen Schulgebäude aus den Vorgängern unterscheidet. Die gameplaytechnischen Verbesserungen aus Blood Drive, gepaart mit einer Spur mehr vom originalen Corpse Party und dazu eine noch völlig neue und unverbrauchte Story in einem Setting, das für viele wohl auch angstbehafteter ist als eine Schule. Ich sehe da immer noch sehr viel Potential für eine spannende und wendungsreiche Geschichte, in die man auch Satoshi und den Vater eines ganz bestimmten Corpse Party 1 Charakters eingebaut hatte. So ein Aufeinandertreffen des Protagonisten von Corpse Party 1 und der neuen Protagonistin hätte schon etwas für sich gehabt. Und Dead Patient gefiel mir auch dadurch, dass ich deutlich weniger japanische Horror-Geschichten aus dem Umfeld von Krankenhäusern kennen würde. Während ich in Sachikos Lebens- und Leidensgeschichte etwas von Stephen Kings Carrie sah, hätte ich in Dead Patient versucht Bezüge zu Frankenstein zu finden. Wobei die Reanimation von Toten gerade in japanischer Science Fiction/Fantasy wohl eher von Resident Evil beeinflusst sein würde. Grundsätzlich bin ich ja kein großer Fan des Horror-Genres, zumindest in visueller Form. Ich lasse mich aber durch besonders herausragende Geschichten auch gerne anregen etwas neues zu probieren.