Nachdem 2023 das Jahr von Jedi: Survivor werden könnte ist es vielleicht endlich an der Zeit mit Fallen Order fertig zu werden...
Es ist vielleicht nicht ganz überraschend, dass ich den Release von Fallen Order seinerzeit trotz einiges Hypes mehr oder weniger verpasst habe. Ende 2019 war ich voll im Onslaught-Fieber (SWTOR - Game Update 6.0 und imho eines der besten Addons in dieser 11jährigen Geschichte) und habe die Geschichte von Fallen Order zunächst via Story-Zusammenschnitten nachverfolgt. Bis ich es dann auch selbst gekauft habe verging einige Zeit. Das Feedback zum Spiel viel ja überraschend positiv aus, wenn man EAs Battlefront-Debakel bedenkt, aber es waren die Schlüsselwörter "Uncharted" oder "Dark Souls" mit denen ich wenig anfangen konnte. Uncharted war zudem lange Zeit ohnehin ein Playstation-exklusiver Titel. Man hätte mir das ganze vielleicht etwas mehr mit Tomb Raider-Vergleichen schmackhaft machen können, denn die Tomb Raider-Reboot-Trilogie hat mich doch ziemlich begeistert.
Gut Ding will Weile haben und jetzt wo wir schon erste bewegte Bilder zu Jedi: Survivor haben, musste ich mal etwas tun. Mein erster Fallen Order-Playthrough endete irgendwann auf Bogano, so ganz funkte es damals zwischen mir und diesem neuen Franchise nicht. Jedi: Survivor sieht in meinen Augen extrem gut aus und es hat scheinbar eine Verbindung zur High Republic-Lore, was mich durchaus mehr interessiert als das Herumstöbern in den Tempeln der Zeffo, die bis Fallen Order im Star Wars-Franchise noch nie aufgetaucht waren. Aber High Republic-Jedi-Tempel oder generell das Erforschen von alten Jedi-Enklaven? Damit kann man mich ködern. Womit wir schon bei meinem ersten Problem mit Fallen Order wären, die Zeffo sind für mich als Fan irgendwie reizlos und ihre Tempel machen die Sache für mich nicht interessanter. Es gibt hier keine wirklich relevante oder für das größere Universum bedeutsame Lore zu entdecken, sondern nur die in sich geschlossene Geschichte irgendeiner Zivilisation, weil Jedi-Meister Eno Cordova seine Kopie des Registers für machtsensitive Kinder eben in einer Zeffo-Schatzkammer versteckt hat.
Von einer Gruppe die den Jedi-Orden wieder aufbauen will hätte ich mir mehr erwartet, als dass sie durch völlig Jedi-fremde Ruinen streifen, aber gut, man wollte halt dieses ganz besondere Holocron vor dem Imperium retten. Wobei mich dieses Holocron weiterhin rätseln lässt, ob es jenes aus The Clone Wars ist oder doch nur eine Kopie (wie wir von Count Dooku wissen, ist es ja nicht ausgeschlossen die Jedi-Archive zu manipulieren, solange man den nötigen Rang hat). Fallen Order ist mir hier einfach zu kurz, man konzentriert sich auf eine Liste, anstatt sich wirklich mit Jedi-Artefakten und dergleichen zu beschäftigen. Zumindest zeigt uns der Jedi: Survivor schon, dass Cere Junda (was für ein Spoiler) sich eine Sammlung von Jedi-Artefakten und Utensilien für den Wiederaufbau des Ordens angeschafft hat. Was mich an Jedi-Meisterin Jocasta Nu in den Darth Vader-Comics erinnert. Auch wenn sie schließlich von Vader ermordet wurde blieb ihr Schatz dann für Luke Skywalker und dessen neuen Jedi-Orden erhalten. Luke selbst erforschte in den Kylo Ren-Comics zusammen mit Lor San Tekka und Ben Solo auch einige Jedi-Außenposten aus der High Republic-Ära und geriet dabei mit den Rittern von Ren aneinander. Dass solche Tempel eine Verbindung zur universellen Macht besitzen können und sehr handfeste Visionen real werden lassen können hat uns auch schon der Jedi-Tempel auf Lothal in Star Wars Rebels gezeigt. So etwas hätte ich mir von einem "Tomb Raider im Star Wars-Universum" erwartet. Die Tests in Jedi- oder sogar Sith-Tempeln (wie auf Malachor in Star Wars Rebels) sind fest in der Lore verankert und bieten reichlich Spielraum für Game Design. Es ist auch möglich, dass für die Macht unempfängliche Imperiale in diese Tempel vordringen. In Rebels leitete das Imperium etwa eine Ausgrabung des Tempels auf Lothal ein und im Jugendbuch "The Weapon of a Jedi: A Luke Skywalker Adventure" stieß dieser in den vom Imperium verwüsteten Jedi-Tempel auf Devaron vor, wo er durch die sehr konzentrierte Gegenwart der Macht Fähigkeiten einsetzen konnte, die noch deutlich über seinem Skill-Level gelegen wären. Der Tempel bot jedoch auch einige Tests für Luke. Im Comic "Age of Republic - General Grievous 1" durften wir sogar erleben, wie sich Grievous als "machtloser" Cyborg mit seinen Gadgets in einem Jedi-Tempel schlägt, dessen Prüfungen gedacht sind Jedi und deren Verbindung zur Macht zu testen.
Soviel dazu, wenn man behaupten möchte, "es gibt ja kein Quellenmaterial" für mögliches Leveldesign. Was mich am Leveldesign in Jedi: Fallen Order störte und vielleicht auch in Jedi: Survivor noch massiv stören könnte ist die Gedankenlosigkeit mit der manche Umgebungen entworfen wurden. Man erlebt hier keine wirklich bewohnte Welt, sondern irgendwie nur Kulissen und die Plattformen sind eben da und dort wo man sie hingeklatscht hat, damit dieses oder jenes Szenario funktioniert. Die Umgebungen erzählen keine Geschichte, sie sind nicht zwecksmäßig, logisch oder durchdacht. Man findet in dieser Welt keine Gemeinschaftsräume, verwüstete Wohnzimmer oder auch nur verwaiste Büros. Fallen Order ist keine Open World oder ein Shooter, in der man sich das mit einem Mangel an Ressourcen seitens der Entwickler hätte erklären können. Ich würde sogar behaupten, dass manche Maps in Battlefront mehr "Leben" zeigen als die verschlossenen Haustüren und Lagerhallen in Fallen Order tun. Vielleicht liegt es an EA als Publisher, dass solche Detailverliebtheit nicht ins Budget passt. Gerade bei Star Wars würde ich mir aber etwas von George Lucas Prämisse einer "lived in world" erwarten. Stattdessen haftet den Spielwelten ein gewisses antiseptisches Aroma an, das auch die Existenz der Macht-Echos nicht verfliegen lässt, egal wie oft dieses etwas mehr von der Vorgeschichte gewisser Orte erzählen.
Meine Perspektive mag 2023 da auch etwas getrübt sein, nach Spielen wie Stray oder Deliver us the Moon, die sich durch ihr Narrativ und Gameplay bedingt sehr intensiv damit beschäftigen mussten, dass die Umgebungen glaubwürdig aussehen und Sinn machen. Da stechen einem Sturmtruppler die irgendwo im Nirgendwo auf einem Pfeiler rumstehen etwas einfacher ins Auge. Ich spiele Fallen Order ja nicht wegen der achso geilen Rätsel oder des mega-innovativen Kampfsystems, sondern wegen der Immersion, denn für das Gameplay gäbe es deutlich bessere Genre-Vertreter die den Trend setzen, statt ihn nachahmen zu müssen. Als Fan der Rätsel in Tomb Raider muss ich auch sagen, dass ich optionale "Gräber" vermisst habe. Die Holomap in Fallen Order ist extrem gewöhnungsbedürftig und für mich zeitweise nutzlos gewesen. Die Kisten für die collectibles, wie Lichtschwert-Upgrades, Ponchos oder anderes sind irgendwo in der Welt versteckt und nicht Teil eigenständiger Sidequests bzw. Dungeons. So gesehen würde ich hier gar nicht so sehr von Rätseln sprechen, sondern eher dem Suchen und Finden der Items. Das Spiel hat durchaus das eine oder andere Rätsel zu bieten, aber abseits der Hauptquests sind diese sehr rar gesät. Es macht aber auch nicht soviel Sinn im Tempel einer völlig Jedi-fremden Kultur Lichtschwertemitter zu finden - weshalb die Idee eines natürlicheren Integrierens von solchen Items besser zu Jedi-Ruinen wie aus der High Republic-Ära passen würde.
Jedi: Fallen Order hat einiges an Potential bewiesen und der Trailer zu Jedi: Survivor lässt mich hoffen, dass man sich im Sequel mehr Mühe geben "darf" aka dass EA auch etwas für mehr Detailverliebtheit und Leveldesign springen lässt.
Mal abgesehen von den Dingen die meine Begeisterung für das Spiel gedämpft haben, hinsichtlich des Kampfsystems bietet das Spiel einiges was ich mir von einem "Jedi Knight"-Erben wünsche. Und was das für ein Twist war, dass sich das aus den Teaser-Bildern usw. bekannte Lichtschwert dann als die Hälfte eines Doppelklingenlichtschwerts herausstellte! Ich spoilere hier natürlich schon etwas, aber der Fakt ist nun einmal "Cals Lichtschwert" ist zu Beginn des Spiels genauso gebrochen wie der Jedi-Padawan selbst. Innerhalb des Narrativs macht es Sinn, dass Cal nach mehreren Jahren in der Verschrottung einen Großteil seiner Fähigkeiten mehr oder weniger verlernt hat. Cal muss erst wieder lernen ein Jedi zu sein und das lässt sich geschickt dafür missbrauchen, ihn klassische Jedi-Skills wie den double jump, Macht-Push, Pull oder Lichtschwertwürfe nur für Skillpunkte oder ab bestimmten Progress-Punkten in der Story zugänglich zu machen. Für das Sequel wird das etwas schwieriger, aber imho fehlen Cal selbst bei 100% noch einige "typische" Jedi-Skills. Sein Kampfstil ist in meinen Augen eher rudimentär und es wundert mich, dass er nie Macht-Geschwindigkeit oder Stealth Skills lernt.
Stealth-Gameplay ist vielleicht nur eine meiner persönlichen Vorlieben, aber durch Tomb Raider (oder auch Assassins Creed und jüngst sogar A Plague Tale) bin ich mehr oder weniger darauf geeicht, dass ich gewisse Gameplay-Situationen mit Stealth-Manövern in Verbindung bringe und da hat mich Fallen Order etwas enttäuscht zurückgelassen. Kämpfe muss man fast ausschließlich frontal lösen, was wohl zur populären Dark Souls-Formel gehört? Natürlich, man kann unentdeckt einen starken Eröffnungsmove einsetzen, der sonst nicht möglich wäre, aber so sehr mir Fallen Order meine Machtfantasien erfüllt hat, ich frage mich, ob es für die Immersion als Ex-Padawan der erst seine Kräfte wieder finden muss und auch so nicht auf einem Level mit Schlachtfeld-Titanen wie Darth Vader stehen würde, nicht besser gewesen wäre Cal mit etwas mehr Finesse gegen größere Gegnergruppen oder als Jedi-Killer ausgebildete Purge Trooper vorgehen zu lassen. Aber das ist vermutlich etwas ganz anderes, als es die Entwickler vor hatten.
Der Power Trip als Lichtschwertschwingende Killermaschine zieht auch bei mir. Ich hatte seit Jedi Knight: Jedi Academy nicht mehr soviel Spaß daran ein Lichtschwert zu schwingen und das obwohl ich das bombastische The Force Unleashed gespielt habe. Fallen Order macht mir mehr Spaß als The Force Unleashed, weil es mehr als Buttonmashing erfordert. Wenn Jedi: Survivor auch noch verschiedene Lichtschwertstile, Blasterpistolen und den Kampf mit 2 Lichtschwertern ins Spiel bringt, dann ist das Sequel zwar vielleicht immer noch kein Jedi Knight 2023 aber zumindest ein ausgezeichnetes Star Wars-Game.
Sturmtruppen von Klippen zu stoßen ist so eines der Dinge, die ich an Jedi Knight immer geliebt habe und Fallen Order bietet mir reichlich Gelegenheit das zu wiederholen. Statt mittels Machtwürgen jedoch arglose Imperiale über eine Klippe zu heben hat man hier die Option sie an sich heranzuziehen und praktisch zu erstechen... was ich deutlich persönlicher und brutaler finde, als die alten Tricks aus Jedi Knight-Zeiten. Fallen Order verzichtet auch noch auf Moves wie den Jedi-Geistestrick, dafür kann man zumindest probe droids jedoch auch hacken und so gegen imperiale NPCs ausspielen. Die Gegnerauswahl ist allerdings etwas begrenzt. Man kämpft bis auf Dathomir und die Wildnis fast ausschließlich gegen Sturmtruppen, selbst die Zeffo-Grabwächter sind sehr rar und die random getriggerten Angriffe von Kopfgeldjägern würde ich nicht zählen. Flame Trooper, für den Nahkampf gerüstete Scout Trooper, Sturmtruppler mit Blaster oder Raketenwerfer, das es schon. Purge Trooper haben da deutlich mehr Varianz, kommen aber auch nur stellenweise zum Einsatz. Was mich wundert ist auch die Abwesenheit imperialer Offiziere und gerade die einmal AT-STs lassen uns gegen etwas anderes als Sturmtruppen kämpfen, nämlich auch zumindest einen AT-ST-Piloten, sobald dessen Gefährt zu Fall gebracht wurde. Allzu umfangreich ist Fallen Order aber auch nicht, sodass man der "Gegnermangel" gar nicht so stark ins Gewicht fallen sollte.
Nicht zu vergessen sind auch die Anpassungsoptionen für das eigene Lichtschwert. Zwar hat man erst etwas spät die Möglichkeit sich etwas anderes als nur blaue, grüne oder orange Kyberkristalle in sein Lichtschwert einzulegen, aber dafür sind die Anpassungsoptionen für den Rest des Lichtschwerts für mich der neue Goldstandard.
Womit Fallen Order uneingeschränkt beeindrucken kann ist seine Story. Im Zentrum der Geschichte stehen keine perfekten Helden oder klassische Jedi-Typen, sondern gebrochene und kaputte Jedi, die ihren Orden aus sehr unterschiedlichen Gründen hinter sich gelassen haben.
Cal Kestis ist als Protagonist wohl noch am einfachsten gestrickt, da er als Teenager oder halbes Kind auf Bracca gestrandet ist und seither eher ziellos vor sich hin gelebt hat. Cals Trauma wirkt erdrückend und er hält sich für den Tod seines Meisters verantwortlich. Aber auch objektiv betrachtet, hat er als eher durchschnittlicher Jedi-Anwärter nicht unbedingt weltbegendes zu bieten, das ihn zu einer massiven Gefahr für die Sith gemacht hätte. Cal ist einfach eines der vielen Opfer von Order 66 und der anschließenden Jedi-Verfolgung. So wie ein Kanan Jarrus ging es ihm einfach darum zu überleben, denn was könnte er schon tun? Jedi wie Cal waren keine aufsteigenden Sterne oder hochrangige Jedi-Meister, sondern sind genau solche die man auch in den Reihen der Inquisitoren finden kann.
Die Inquisitoren des Imperiums sind im aktuellen Kanon allesamt Ex-Jedi (in den Star Wars Legends war das nicht unbedingt so) und rangieren von ehemaligen Jünglingen bis hin zum einst des Mordversuchs an Mace Windu angeklangten Jedi-Meister Prosset Dibs (der 10. Bruder aka der Miraluka-Inquisitor). Seit sie einst in Star Wars Rebels grandios im neuen Kanon eingeführt
wurden gilt, dass die Inquisitoren primär dafür gedacht waren einfache Jedi oder Machtsensitive zu jagen. So ein Ex-Padawan liegt genau auf ihrem Skill-Level, für Jedi-Meister oder auch besonders fähige Machtanwender wie eine Ahsoka Tano würde man jedoch auf die Kavallerie in der Gestalt Darth Vaders zurückgreifen müssen. So wie Ahsoka die Inquisitoren in Rebels abgefertigt hat und angesichts des Umstands, dass der Großinquisitor selbst nur ein einfacher sehr im Lichtschwertkampf versierter Jedi-Ritter war, der vom Jedi-Ritter Kanan Jarrus besiegt werden konnte, scheint es zumindest für mich bestätigt, dass der Skill-Level der Inquisitoren sich trotz ihres Gebrauchs der dunklen Seite nicht erhöht haben dürfte. Für jemanden der nicht zur erweiterten Skywalker-Familie oder den höheren Rängen des Jedi-Ordens gehört stellen sie eine echte Gefahr dar.
Dementsprechend liegen die Second Sister und Cal Kestis wohl gleichauf, was ihr Talent betrifft. Interessanterweise zielen die Inquisitoren nicht unbedingt darauf ab, jeden gefangenen Jedi sofort zu eliminieren, wobei das vielleicht dem Eindruck widerspricht, den man durch die Mini-Serie Obi-Wan Kenobi gewinnen konnte. In Fallen Order scheint man es sich jedenfalls (noch?) zum Ziel gesetzt zu haben Order 66-Überlebenden die Chance zu geben, selbst Inquisitoren zu werden. Anfänglicher Widerstand soll dabei allerdings durch Folter gebrochen werden. Nur wer wirklich standhaft bleibt dürfte hingerichtet werden. Auch die Inquisitoren sind Opfer und Überlebende, was sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Fallen Orders zieht. Dass man Cal rekrutieren würde, macht vielleicht auch wegen seines Talents für Psychometrie Sinn. Eine derartige Gabe würde sich für einen Jedi-Jäger als sehr nützlich erweisen, ähnlich wie die 9. Schwester Masana Tide ein Talent für Empathie besaß.
Fallen Order ist kein Knight of the Old Republic und Cal Kestis besitzt nicht das übernatürliche Charisma eines Revan, mit dem er Inquisitoren einfach so auf seine Seite ziehen könnte. Ohne ein Dialogsystem ist man nur der Beobachter der Geschichte und genau das hilft in meinen Augen bei der Immersion, denn Cal ist keine Persönlichkeit die über den Dingen steht. Er wurde hier eine Verfolgungsjagd hinein geworfen und muss sich dem wohl größten Trauma seines bisherigen Lebens stellen, sodas er gar nicht die Möglichkeit hat grandiose Pläne zu schmieden. Fallen Order zeigt uns demnach nur vieles, ohne dass wir die Möglichkeit haben etwas dagegen zu unternehmen. Primär sind das nun einmal die verschiedenen Arten von Überlebenden, ob nun Inquisitoren die sich selbst an das Imperium verkauft haben oder Jedi welche mit der Schuld der Überlebenden zu ringen haben.
So ganz eng ist dieses Schema aber nicht, denn neben den Inquisitoren, Cal und Cere, gibt es auch noch die Fälle von Taron Malicos und Schwester Merrin. Cere selbst ist nicht einmal ein ganz klarer Fall, denn anders als Cal leidet sie nicht an der Schuld Order 66 überlebt zu haben. Cere hat hingegen schon einmal jenen Weg beschritten, den man sich als Spieler vielleicht wünschen würde. Nach Order 66 rettete sie eine Gruppe Jünglinge und wollte diese zusammen mit ihrer Padawan ausbilden, um den Orden neu aufzubauen. Bis Cere vom Imperium gefasst wurde. Unter der Folter der Inquisitoren und Darth Vaders verriet die Meisterin ihre Padawan. Doch damit endete Ceres Martyrium nicht. Von ihrer Meisterin verraten und ihrer Mission beraubt brach Trilla viel schneller und wurde zur Inquisitorin, immerhin hatte ihre Mentorin, die ihr ihre Aufgabe gegeben und das Leben gerettet hatte, sie schließlich an das Imperium verkauft. Was aus den geretteten Jünglingen wurde ist unklar, aber Ceres Verrat brach Trilla und führte sie zur dunklen Seite. Als sich Trilla der immer noch inhaftierten und Folter unterworfenen Cere dann als Inquisitorin vorstellte brachen die Dämme in Cere und sie griff auf die dunkle Seite zurück, um sich zu befreien. Cere entkam, aber die dunkle Seite hatte sie gezeichnet und ihr Lebenswerk war verloren. Der Verrat von und an Trilla führten die Inquisitoren jedoch schließlich auch auf die Spuren des Vermächtnisses von Eno Cordova. Schwieriger hätte sich Cere ihre Lage wohl kaum machen können, kein Wunder, wenn sie also die Verantwortung für Cordovas Vermächtnis und die Zukunft des Jedi-Ordens lieber an Cal abgibt.
Cere ist keine Kreia, die mit der Doktrin des Jedi-Ordens gebrochen hat und ihren neuen Schützling auf einen dritten Weg führen will. Sie ist eher ein Ben Kenobi, der sich nicht mehr würdig fühlt die nächste Generation des Ordens auszubilden und die wichtigen Aufgaben, daher lieber Yoda oder Luke Skywalker anvertraut. Ceres Einstellung zu den Dogmen des alten Jedi-Ordens bleiben in Fallen Order vorwiegend unklar, genauso wie Cals. Wir wissen im Grunde nicht genau was für eine Zukunft die beiden Jedi sich für ihren Orden vorstellen würden, gerade angesichts der Warnungen der Zeffo Sages, die Cal am Ende seiner Reise erhält. More of the same ist vielleicht nicht die Lösung und schon gar nicht die Zukunft, die Luke Skywalkers neuer Jedi-Orden garantieren würde. Kanan Jarrus und Ezra Bridger landeten in einer ähnlichen Zwickmühle, wobei sie ihren Orden im Endeffekt auf sich beide begrenzten. Und Ezra wurde zu einem höchst unkonventionellen Jedi-Ritter. Cal und Cere stammen jedoch noch aus dem Orden der Prequel-Ära, ihr Jedi-Orden wäre also eher eine rekonstituierte Form des alten Ordens.
Für meinen Geschmack etwas zu wenig Raum wird vielleicht Taron Malicos und Dathomir geboten. Dass es Dathomir samt seiner Altlasten aus den Klonkriegen aber überhaupt in Fallen Order geschafft hat ist schon erstaunlich, denn hier wird einiges an world building weiter entwickelt, was ich mir angesichts des Rests der Story nicht erwartet hätte. Wie in The Clone Wars zu sehen wurde Dathomir auf Geheiß von Darth Sidious durch Count Dooku und General Grievous in Schutt und Asche gelegt, die Nachtschwestern wurden dabei scheinbar ausgelöscht. Asajj Ventress entkam und wurde eine Kopfgeldjägerin. Damit endet was im Kanon ziemlich in Stein gemeißelt sein dürfte. Manche Widersprüche zwischen den womöglich kanonisch doch höherrangigen Animationsserien und gewissen Comics und Romanen werfen mittlerweile Zweifel auf, wie sicher manch sich bei den nicht zumindest auf dieser Ebene angesiedelten Ereignissen sein darf. In den Comics kehrte etwa Darth Maul nach Dathomir zurück, um zusammen mit Mutter Talzin (die ja auch in The Clone Wars das Massaker "überlebt" zu haben schien) und den Nachtbrüdern einen Pakt gegen Count Dooku und die Sith zu schmieden. Dieser Pakt endete jedoch darin, dass sich die Nachtbrüder wieder nach Dathomir zurückziehen mussten (unter der Führung eines auch in Fallen Order kurz erwähnten Bruder Viscus) und Mutter Talzin wurde scheinbar von General Grievous ermordet, was ihre Existenz als Geisterwesen widerlegen würde. Gegen Ende der Klonkriege kehrte Asajj Ventress mit Quinlan Vos nach Dathomir zurück und trainierte diesen in der alten Nachtschwestern-Siedlung im Gebrauch der dunklen Seite. Beide dieser Story-Arcs wären für nicht veröffentlichte The Clone Wars-Seasons geplant gewesen, wurden dann jedoch in Comic- bzw. Buch-Form veröffentlicht. In Rebels schlug Darth Maul dann scheinbar auch irgendwo auf Dathomir ein Lager auf und versteckte dort das Darksaber, zu dieser Zeit waren auch einige Geister der Nachtschwestern noch aktiv.
Schwester Merrin beherrscht doch etwas von der Magie der Nachtschwestern und benutzt auch die aus The Clone Wars bekannte Kugel mit der sich Lebensenergie manipulieren lässt. Das ließe sich mich vermuten, dass sie nach dem Massaker an ihrem Clan doch noch Kontakt zu Mutter Talzin hatte, ehe diese das Zeitliche segnete. Dass die Nachtbrüder überlebt haben und sich im Ex-Jedi Taron Malicos einen neuen Anführer auserwählt haben finde ich durchaus passend und es könnte eine Bestätigung sein, dass die ganze Sache mit Darth Maul am Ende der Klonkriege kanonisch geblieben ist. Statt Maul hat man sich nun einen anderen machtsensitiven Anführer gesucht und diesen (wie mich die Echos auf Dathomir vermuten) auch geformt. Malicos strandete nach Order 66 auf Dathomir und scheint von den Nachtbrüdern zuerst einmal gejagt worden zu sein. Sein Überleben demonstrierte Stärke, was die Bruderschaft respektierte und so wählte man ihn zum neuen Anführer. Angesichts des Machvakuums, dass Mutter Talzins Tod auf Dathomir hinterlassen hat war ohnehin fraglich, was mit den Hinterbliebenen passieren würde.
Malicos Avancen gegenüber Cal Kestis einen neuen Orden auf Dathomir aufzubauen scheinen zwar vorerst keine größere Bedeutung über Fallen Order hinaus zu haben, aber das Konzept wäre vielleicht interessant gewesen. Ein Ex-Jedi der in einer kriegerischen Kultur strandet und sich zum Oberhaupt eines Clans aufschwingt - mich erinnert das ja an A'Sharad Hett aka den späteren Darth Krayt aus den Legends. Im neuen Kanon hat man die Inquisitoren bis jetzt vorwiegend im Einsatz gegen Vertreter der hellen Seite gesehen, doch wie auf Malachor angeteasert dürfte zumindest ein Inquisitor aber auch Darth Maul in die Quere gekommen sein. Und Maul hat zu Zeiten von SOLO ja sein Hauptquartier auf Dathomir (einige Jahre nach Fallen Order). Nachtschwestern und Nachtbrüder hatten auf Dathomir durchaus einige Trainings-Orte, wovon wir in Fallen Order allerdings nur eine Grube besuchen dürfen. Ehrlich gesagt hätte ich mir da etwas ausgefalleneres erwartet, aber besser etwas Dathomir als gar nichts, auch wenn mich der Planet stellenweise halt wieder an Fallen Orders Leveldesign-Probleme erinnert hat.
Merrins Glaube die Jedi wären verantwortlich für das Massaker an ihren Schwestern verantwortlich gewesen wird in Fallen Order primär Malicos Lügen zugeschrieben, praktisch hätte sich da aber mehr daraus machen lassen. Grievous verwendete ja Jedi-Lichtschwerter und Count Dooku scheint den meisten Nachtschwestern nicht unbedingt als Darth Tyranus bekannt gewesen zu sein, er wäre für sie also eher der (Ex-)Jedi-Meister gewesen. So wie manche galaktische Bürger nicht zwischen Sith und Jedi trennen können, könnten die Nachtschwestern Dookus Status als ehemaliges Mitglied des Jedi-Ordens entgangen sein, denn für die Nachtschwestern gilt, was auch manche Jedi behaupten würden, einmal ein Mitglied immer ein Mitglied. Savage Opress Name fällt in Fallen Order zwar nicht, aber seine Zeit an der Seite Mauls und die von beiden ermordeten Jedi könnten gerade bei den Nachtbrüdern das Vorurteil verankert haben, dass es die Jedi aus Rache auch auf sie abgesehen haben könnten.
Mal abgesehen vom world building auf Dathomir, ich war und bin begeistert davon, dass man Merrin den Nachtschwestern-Stealth verwenden ließ, mit den Mutter Talzin Asajj Ventress und 2 Gefährtinnen umhüllte, damit sie einen Attentatsversuch auf Count Dooku ausführen konnten. Bei solchen Lore-Bezügen frage ich mich nur, wieso man sich die Zeffo und das Leveldesign so aus den Fingern saugen musste.
Ich fürchte, jetzt ist es zu spät für eine Spoiler-Warnung, aber zu meiner Entschuldigung, ich habe mir die Fallen Order-Story auch lange angesehen bevor ich das Spiel gespielt habe. Aus meiner Sicht sind Spoiler oft auch so etwas wie die besten Teaser, denn man will ja wissen, was sich hinter einem Cover versteckt und ob auch das drin ist, was man sucht. So erspart man sich die eine oder andere Enttäuschung und es am Ende selbst zu spielen ist doch noch einmal etwas ganz anderes.
Die Jagd durch die Tempel der Zeffo ist wie erwähnt nicht so mein Ding, weil ich finde, dass es bessere Kandidaten für diese Rolle gegeben hätte. Etwa die aus den Legends stammenden reptiloiden Kwa. Diese Spezies war einst auf Dathomir heimisch und gehörte in vorgeschichtlichen Zeiten zu einer der großen Kulturen der Galaxis. Zusammen mit den Gree dominierten sie weite Teile der Galaxis und dafür griffen sie auf Hyperraumportale zurück, die an Stargates erinnern. Im Gegensatz zu den Gree, die auch mit Portalen experimentierten, waren die Kwa jedoch Machtanwender und sie waren es auch, die auf die Rakata gestoßen sind und diese gut gemeint im Gebrauch der Macht unterwiesen - nur um dadurch die Schreckensherrschaft des Infinite Empire heraufzubeschwören, woraufhin sich die Kwa in die Isolation auf Dathomir zurückzogen und ihre Stargates still legten.
Das Rad neu zu erfinden, erinnert mich auch an gewisse Worte Praufs vom Beginn von Fallen Order.
Muss man denn zwanghaft die ganze Lore neu erfinden und mittelmäßige Ideen mit neuen ebenfalls nur mittelmäßigen Ideen ersetzen?
Dathomir und die Kwa regen in mir ja auch den Vorschlag an, warum man nicht Quinlan Vos anstatt des gleich in Fallen Order beerdigten Taron Malicos verwenden durfte. Die Kwa-Dathomir-Connection stammt aus dem Comic-Arc Infinity's End und war eine der vielen Quinlan Vos-Geschichten der Dark Horse Comics. Am Ende dieses Comics brachte Vos sogar eine der Hexen von Dathomir zu den Jedi auf Coruscant.
Quinlan und Cal sind sich insofern ähnlich, dass beide auf Psychometrie zurückgreifen können. Was Quinlan besonders macht ist aber auch, dass er mittlerweile kanonisch als Order 66 Überlebender bestätigt wurde (in den Darth Vader-Comics und zuletzt auch der Obi-Wan Kenobi-Miniserie). Bleibt der Roman DARK DISCIPLE samt seines von Katie Lucas geschriebenen, aber nie als Teil von The Clone Wars veröffentlichten Story-Arc um Quinlan Vos und Asajj Ventress kanonisch, dann hätte der Jedi-Meister nach Order 66 guten Grund gehabt sich auf Dathomir zu Ruhe zu setzen, denn dort hat er auch seine geliebte Asajj Ventress beerdigt. Vos Erfahrungen mit der dunklen Seite sind kanonisch genau solche, wie sie in Fallen Order gepasst hätten. Ventress wollte Vos lehren die dunkle Seite kontrolliert und beherrscht einzusetzen, aber Vos fehlte diese Kontrolle und er gab nach. Als Vos von Count Dooku gefangen wurde manipulierte ihn dieser sogar dank Vos Talent für Psychometrie, weil das Spüren der Echos zwar einen Einblick in die Vergangenheit eines Gegenstands gewährt, aber keinen wirklich vollständigen. Vos wurde so von vergangenen Emotionen und Eindrücken von der Ermordung seines Meisters Tholme überwältigt, ohne damit konfrontiert zu werden, wie sich Tholmes Mörderin Asajj Ventress seither entwickelt hat.
Kanonisch griff Vos auf die dunkle Seite zurück, weil er durch sie so unberechenbar werden konnte, dass er sogar zeitweise Count Dooku ausmanövrieren konnte. Die dunkle Seite könnte demnach ein sehr nützlicher Boost für einen Jedi sein - wenn man sie so verkaufen will.
In den Legends war Vos Verhältnis zur dunklen Seite noch komplizierter, zudem spielte Vos Talent für Psychometrie in den Comics auch eine noch größere Rolle. Vos Eltern wurden nämlich von den vampirartigen Anzatti ermordet und durch Psychometrie musste der junge Quinlan sogar Zeuge ihres Todes werden. Folglich war Vos Einsatz von Psychometrie nie ganz emotional unbelastet, auch wenn es dem Jedi-Dogma der Emotionslosigkeit widersprach.
Ob nun Kanon oder Legends, auch Cal Kestis sieht sich wie Quinlan Vos der Gefahren seines besonderen Talents ausgesetzt. Und wir dürfen gegen Ende von Fallen Order sogar Zeugen werden, wie lähmend oder auch ablenkend sich dieses Talent erweisen kann - nämlich als Cal Trillas Inquisitoren-Lichtschwert an sich nimmt. Plötzlich hat er Flashbacks bis hin zu Cere Jundas Verschwinden und dem Moment als Cere Trilla erstmals als Inquisitorin erblicken muss.
Dass Trilla die Second Sister ist wird relativ früh verraten und danach setzt die Dame ihren Inquisitoren-Helm auch oft gar nicht mehr auf, was mir auch manchmal zu denken gab. Trilla war ein interessanter Charakter, zumal sie im Gegensatz zur Ninth Sister allem Anschein nach keine sichtbaren Schäden ihres Trainings mit Darth Vader davongetragen hat. Als Lektion über Verlust und Strafe dafür, wenn die Inquisitoren zu defensiv oder in Vaders Worten zu sehr wie Jedi kämpften, verloren manche Inquisitoren nicht nur Blut, Schweiß und Tränen. Die Ninth Sister etwa verlor ein Auge an Darth Vader. Ihr Cyborg-Bein hat sie hingegen dem Sixth Brother zu verdanken, der ihr dieses während des Aufstands auf Mon Cala abschlug, um sich so seinen lebensverlängernden Vorsprung zu verschaffen. Trillas Narben scheinen eher innerlich zu sein, denn immerhin wurde sie von ihrer Mentorin an die Inquisitoren verraten und das obwohl Cere doch alles tun wollte, um Trilla und den Jedi-Orden zu retten. Wenn selbst ihrer Meisterin der Orden und Trilla nicht wichtig sind, wieso sollte sich Trilla dann als loyaler erweisen als Cere? Von einer Jedi verraten, obwohl oder weil sie den Jedi-Orden fortführen sollte - mit etwas Folter und Psychoterror vermengt, bringt einen das schon dazu die Jedi zu hassen und sich für die Inquisition einzuschreiben.
Hinsichtlich der Charaktere hat Fallen Order wirklich gute Arbeit geleistet, aber am Ende wurden sie vor allem eingeführt, was eine Fortsetzung als Notwendigkeit erscheinen lässt. Meiner Meinung nach hat Fallen Order auch einen Hype um seine Fortsetzung geschaffen, man hofft, dass da noch mehr kommt und man bei Lucasfilm etwas mit diesen gerade so eindrucksvoll eingeführten Charakteren anzufangen weiß. Es gelingt im Star Wars-Franchise ja leider nicht immer, dass neu eingeführte Charaktere auch gleich so gut ankommen, dass man mehr von ihnen sehen will. Fallen Order hat einen mehr als gelungenen Einstand geschafft, da wird es doch hoffentlich nicht schon in Jedi: Survivor vorbei sein?