Eines der bestbewerteten Marvel-Spiele der letzten Jahre und doch eines an dem ich keine uneingeschränkte Freude haben konnte...
Top-Kritiken und einen Steam-Sale später bin ich 2022 auch einmal auf den Guardians of the Galaxy-Hype-Train aufgesprungen, nur um dann nicht mehr ganz so gehyped auszusteigen. Ja, selbst so ein 9 Euro-Ticket kann nicht dabei helfen, gewisse Negativ-Punkte auszugleichen. Zunächst einmal lässt sich auch zu Guardians of the Galaxy festhalten, das Spiel sieht top aus. Grafisch ist es erste Sahne und die Charakter-Interaktionen sind auch witzig und besonders gut getroffen. Das Spiel ist jedoch bei weitem linearer als man es sich vielleicht erhoffen würde. Natürlich können die Charakter-Entscheidung gewisse Auswirkungen haben, aber diese "choices that matter" beschränken sich doch eher auf einige Dialoge und ganz am Ende, die jeweiligen Charakter-Infos im Abspann.
Mit so einem unerwartet linearen Spiel kommt man vielleicht noch klar, aber dem ganzen fehlt auch die für Superhelden-Spiele schon zur Norm gewordene Open World. Guardians ist auch dort eher linear, wo man sonst kritisieren würde, dass einen die Open World ja schon allmählich überfordert. Verglichen mit dem von meinem persönlichen Spiel des Jahres 2022-Anwärter Spider-Man Remastered würde ich jedoch behaupten, dass Guardians entweder mehr Open World oder eine offenere Story gut getan hätten, denn auch Spider-Man schwingt sich durch eine lineare Story, aber was das Spiel wirklich so herausragend für mich macht ist die Art und Weise wie diese Story in eine nicht ganz unüberschaubare Open World eingewebt ist.
Das alles ist aber Jammern auf sehr hohem Niveau, denn wie gesagt, Guardians ist ein durchaus spaßiges und "kurzweiliges" Abenteuer, das ich als gut genug betrachten würde, um es einmal in einem Sale mitzunehmen und wirklich von Anfang bis Ende durchzuspielen. Die Story kann was und man fühlt sich auch als ahnungsloser Film-Fan nicht komplett überfordert, soweit es das World Building betrifft. In meinen Augen reicht es Guardians of the Galaxy Vol. 1 gesehen zu haben, um der Story folgen zu können, aber für manche wird das schon etwas zuviel verlangt sein. Zudem sind die Game- und Film-Handlung voneinander entkoppelt, man spielt hier keine Filmhandlung nach und das ganze läuft auch nicht derselben Kontinuität ab. So gesehen sind wichtige Eckpunkte in der Geschichte von Peter Quill & Co anders als in den Filmen und daher vielleicht etwas gewöhnungsbedürftiger. Mit Spider-Man oder Batman ist man ja vielleicht schon aufgewachsen, weil es die eine oder andere Animationsserie zu sehen gab. Bei den Guardians handelt es sich hingegen um einen relativ jungen Zuwachs zum Marvel-Universum, den ich fast als obskur bezeichnen würde. Mit nur 2 Filmen unter dem Gürtel sieht sich Guardians of the Galaxy als Sub-Franchise ja auch in einer ähnlich schwierigen Lage wie das geplante Suicide Squad-Spiel von Rocksteady (den Schöpfern des Arkham-Sub-Franchise). Man hat nicht ganz die Reichweite, um sich allein auf Nostalgie oder seine Fans verlassen zu können.
Und genau da fangen die Probleme für mich an, nachdem ich ja zuletzt behauptet habe Arkham wäre als Sub-Franchise deshalb so erfolgreich geworden, weil man sich eben nicht nur auf Nostalgie, die Beliebtheitswerte Batmans oder dessen Gegner gestützt hat, sondern auch interessante und vor allem innovative Features ins Spiel gebracht hat. Auch Guardians of the Galaxy hat eine Art Detektiv-Modus... er unterscheidet sich aber kaum von Batmans Version und ist somit nichts neues mehr. Auch Star-Lords Jet-Boots sind keine grandiose Offenbarung und auch wenn das Kampfsystem durchaus spaßig sein kann, es verkommt zu einem Shoot-them-all mit Special Skills, bei dem es darum geht möglichst alle Gegner wegzubomben.
Was mir meinen Playthrough etwas versalzen hat waren die Outfits. Es gibt pro Charakter ungefähr 9 zusätzliche Outfits, die auf den Film-Outfits oder auch diversen Comic-Arcs basieren. Leider sind Geschmäcker da sehr verschieden und ich war etwa kein Fan von Gamorras Standard-Outfit, sowie eines Großteils ihrer alternativen Outfits. Um ein Outfit freizuschalten, muss man dieses jedoch erst einmal in einer irgendwo in einem der Level versteckten Kiste finden. Da sich die Kapitel nicht wiederholen lassen, kann man an einem Outfit auch vorbei laufen und ist dann damit gestraft, den etwas schwer erträglichen Look potentiell bis zum Ende des Playthroughs durchstehen zu müssen. Damit konnte ich mich so gar nicht anfreunden.
Vielleicht etwas unerwartet würde ich Guardians aber bei Gelegenheit durchaus noch einen zweiten Playthrough gönnen, da ich mir über den Umweg eines Save Files mit 100% der Outfits doch noch die entsprechenden Skins für einen Playthrough mit dem gewünschten Aussehen besorgt hätte. Guardians ist dank seiner Charaktere durchaus spaßig, auch wenn ich ausgerechnet bei Rocket die Stimme Bradley Coopers so sehr vermisse, dass es mich fast nicht mehr stört, dass Drax auch nicht von Dave Bautista gesprochen wird. Wenig überraschend bin ich aber überzeugt, dass der Groot-Sprecher eine ähnlich grandiose Leistung vollbringt wie Vin Diesel. Drax und Rocket sind aber gerade die zwei Charaktere, die mich immer wieder daran erinnert haben, dass das nicht die Guardians of the Galaxy von der großen Leinwand sind, obwohl ich sie designmäßig als näher am "Original" betrachten würde (in Drax Fall mit dem Film-Skin) als etwa Peter Quill oder Gamorra. Diese beiden unterscheiden sich visuell eindeutig von ihren Film-Gegenstücken, stimmlich stören sie mich in diesen Rollen aber deutlich weniger - für mich passen sie einfach.