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A Plague Tale: Innocence

Pünktlich zum Release von A Plague Tale: Requiem kommentiere ich meine Eindrücke aus dem Vorgänger...

A Plague Tale: Innocence ist sicher eines der schönsten Spiele die ich in letzter Zeit gespielt habe, jedenfalls bis auf die für die Geschichte der de Runes so wichtigen Pest-Ratten, denn die sehen kaum besser aus als irgendwelche Gummitiere.

Damit ist zumindest schon etwas über diesen unerwarteten Hit gesagt, das die meisten Reviews wohl eher ausklammern würden. Das Sequel verspricht für 2022 MEHR Ratten, ich warte aber mal ab, ob es zumindest besser aussehende Ratten sein werden (auch auf meinen Grafikeinstellungen und nicht den Highend-Geräten professioneller Spiele-Tester).

 

A Plague Tale: Innocence könnte nach dem Launch seines Sequels deutlich günstiger werden oder öfter in Sales auftauchen, was natürlich eine sehr gute Gelegenheit ergibt, in dieses durchaus faszinierte Spiel einzutauchen. Innocence hat mich jedenfalls damit gewonnen, dass das Gameplay zwar sehr schleichlastig ist, aber nur sehr wenig damit zu tun hat, dass man ganze Horden von arglosen Wachleuten niedermetzeln muss. Es geht zwar nicht ganz ohne Blutvergießen, denn immerhin wird man von den gnadenlosen Schergen einer Inquisition gejagt, die kein Problem damit hat eine kleinadelige Teenagerin einfach so abzustechen und ihren Bruder als medizinisches Versuchskaninchen zu missbrauchen, ehe man ihn wohl auch aus dem Weg räumen würde. 

 

A Plague Tale basiert zwar auf keiner realen Geschichte, hält sich in Innocence aber noch hinsichtlich des Fantasy-Aspekts sehr stark zurück. Wer damit leben kann, dass Ratten plötzlich wie Termiten- oder Ameisenvölker agieren und ganze Städte oder Wälder untertunneln, der stört sich hoffentlich auch nicht daran, dass es immer wieder Menschen gibt, die mit einer seltenen (und tödlichen) Krankheit geboren werden, die es ihnen erlaubt diese Rattenschwärme in ihrem Sinne zu steuern. Hugo de Rune ist allerdings kein gesalber Auserwählter oder Heiland irgendeiner apokryphen Prophezeiung, sondern einfach ein Kind, das in eine Familie hinein geboren wurde, in welcher das entsprechende Gen für die bereits erwähnte Krankheit an ihn vererbt wurde. Hugos große Schwester hat ihren kranken Bruder am Beginn der Story wegen seiner Krankheit so selten zu Gesicht bekommen, dass er ihr gegenüber zunächst höchst misstrauisch ist. Die beiden Geschwister müssen jedoch rasch zueinander finden, denn die Inquisition hat es auf Hugo abgesehen.

 

Amicia de Rune und Lara Croft haben zwar beide wohl eine Vorliebe für Zöpfe und bevorzugen Stealth Gameplay, doch Amicia ist ganz klar keine professionelle Killerin wie die "Archäologin" Lara. Amicias primäre Waffe in Innocence ist ihre Steinschleuder - richtig gelesen, eine Steinschleuder. Diese kann, wie einem Geschichtsenthusiasten ja bestätigen, immer noch sehr tödlich sein, aber man kann sie in Innocence doch nicht wie ein Maschinengewehr für wildes Dauerfeuer einsetzen. Stattdessen muss man seine Schritte sehr genau planen und oft genug dient die Schleuder auch nur dazu Wachen abzulenken, anstatt ihnen wie Goliath das Lichtlein auszublasen. Die Schleuder lässt es vielleicht bereits vermuten, manche Gegner kann man auch nur indirekt töten, indem man sie buchstäblich den Ratten zum Frass vorwirft. Dafür bekommt im Verlauf der Story auch einige Alchemisten-Gadgets zur Hand, mit denen man etwa offenes Feuer löschen, wie entfachen, Ratten anlocken oder auch verscheuchen kann.

 

Ein mit Achievements gespickter Playthrough hat mich 11,5 Stunden gekostet und das beste daran waren die Story und die ganzen Passagen in denen ich mir kreative Wege überlegen musste, um durch an Wachen, Ratten und anderen Hindernissen vorbei zu meinem nächsten Ziel zu kommen. Für einen günstigen Preis bekommt man durchaus auch spaßiges Gameplay geboten, denn ansonsten müsste man den Vollpreis von rund 40 Euro mit der Story rechtfertigen. Diese ist hinsichtlich des World Buildings keine wirkliche Offenbarung, aber gespickt von sehr emotionalen und glaubwürdigen Szenen. Man kann durchaus mit Amicias Sorgen mitfiebern und die Grafik ist auch extrem hübsch.

Die Stärke des Spiels liegt in meinen Augen in einer Mischung aus Emotion, Grafik und den zu bewältigenden Rätseln. Kurzweilig ist diese Kombination allemal, doch ich für meinen Teil würde nach dem Abschluss der Story keinen Grund sehen es noch einmal durch zu spielen. Das könnte sich im Sequel natürlich ändern, denn dieses soll einem mehr Optionen hinsichtlich des Beseitigens von Gegnern bieten aka es dürfte tatsächlich etwas kämpferischer sein als der Vorgänger. Innocence hatte da meiner Meinung auch ein kleines Problem, denn die verschiedenen Rätsel waren fast immer nur auf eine vorgegebene Weise lösbar. 

Die Schurken in Innocence waren zudem keine besonders herausragenden Exemplare ihrer Gattung. Der Quasi-Inquisitor Nicholas tritt zwar später als Bossgegner in Erscheinung, hat aber als Charakter keinen besonderen Twist zu bieten. Er ist halt nur der Handlanger - eines Erzbischofs mit Ambitionen zu einer Art Superschurke zu werden. Am Ende sind beide ziemlich vergessenswert und alles woran man sich erinnert, ist das Band zwischen beiden zunächst entfremdeten Geschwistern. Selbst deren zeitweiligen Verbündeten fallen nicht unbedingt in die Kategorie der überraschend tiefgründigen oder vielschichtigen heimlichen Stars der Show, eine Diebin, ihr Bruder und der kräftige Sohn des Schmieds - sie wachsen alle nicht über vereinfachten Charakterbeschreibungen hinaus, genauso wie der Alchemistenlehrling. Bei Hugo und Amicia darf man zumindest etwas Charakterentwicklung beobachten, denn die Beziehung der beiden fängt ja zunächst wirklich fast bei 0 an und selbst die Pseudo-Brienne Amicia muss sich erst einmal daran gewöhnen jemanden getötet zu haben. Auch wenn es der Trailer zu Requiem nur vermuten lässt, Amicia scheint ihre Taten auf der Flucht und bei der Rettung Hugos durchaus zu bereuen, denn diese scheinen sie zu verfolgen. Man wird wohl von einem Trauma sprechen dürfen, das sie während Innocence noch unter dem Eindruck der ständigen Bedrohung soweit unterdrücken kann, dass man ihr lediglich Spuren dessen ansieht, was sie später ihres Schlafs berauben und womöglich irgendwann zu selbstzerstörerischen Verhalten treiben könnte. Auch wenn ich einiges an Innocence auszusetzen finden kann, mir gefällt was man mit Amicia und Hugo geschafft hat, denn die beiden sind in meinen Augen höchst glaubwürdige Charaktere und verhalten sich in meinen Augen sogar ihrer Situation und ihrem Alter entsprechend. Das Sequel steht zumindest schon einmal auf meiner Wunschliste, es ist aber von den Reviews abhängig wie viele Steam Sales ich warten werde, bis ich es meiner Bibliothek hinzufüge.