Das Ende der Konsolenexklusivität vieler Playstation und X-Box-Titel ist wirklich ein Geschenk der Götter, wenn man sich wegen nur eines Titels schon fast eine Konsole gekauft hätte...
Abseits von SWTOR fehlt mir meistens das Interesse daran, mich über andere Serien, Filme oder Spiele auszulassen, es sei denn, diese hinterlassen einen wirklich bleibenden Eindruck bei mir. Dazu gehört aber oft auch, dass die entsprechende Reihe nicht einfach nach 10-12 Folgen eingestellt oder wird oder das Franchise bereits mit einem Titel endet, weil es sich nicht gut genug verkaufen konnte. Ohne ein massives erweitertes Universum oder jahrzehntelanges Lore-Building fehlt mir aber auch manchmal der Weg für Wochen oder Monate in bestimmte in-universe Geschehnisse einzutauchen. Lore die über Jahrzehnte aufgebaut, immer wieder Reboots erlebt hat und jeden Kanon auf wackligen Beinen stehen lässt - damit ist man im Marvel-Universum (aber auch bei DC) gut versorgt.
Als Warnung gleich voraus, ich bin kein Marvel-Experte, aber ich habe zumindest alle Filme und Serien des Cinematic Universe gesehen und sehe mir auch hin und wieder gerne Youtube-Video-Zusammenfassungen zu einigen aktuellen oder brandneuen Story-Arcs an. Aktiv habe ich aber nur zur Zeit von Dark Reign und Siege einen Blick in die Comics gewagt. Darüber hinaus kommt wohl auch einiges von meinem Interesse für Spider-Man aus der Serie die in den 90ern während einer oder mehrerer meiner Sommer-Ferien ausgestrahlt wurde. Spidey war genau genommen der erste (Marvel-)Superheld dessen Schurkenriege und Fähigkeiten mir vertraut wurden. Außer mit Spidey bin ich sonst nur mit dem Superman aus den Abenteuern von Lois und Clark oder Hercules: The legendary journeys aufgewachsen. Von diesen dreien hat mich Spider-Man am Ende am meisten fasziniert und wie es das Glück so will, begann Sam Raimi 2002 ja auch seine Spider-Man Trilogie. Die starke Präsenz von Spider-Man in meinem Leben kommt aber auch daher, dass sich mein einstiges Stamm-Kino nach dem ersten Spider-Man-Film eine ziemlich prominente Spider-Man-Statue gönnte und auf einer Säule hoch oben über der Popcorn-Bar platzierte, wo sie niemand je vom Sockel stoßen konnte - jedenfalls bis zum Abriss des Kinos. RIP Spider-Man-Statue, du warst wie ein echter Pfeiler!
Die bereits erwähnte Spider-Man-Serie aus den 90ern hatte rückblickend wohl auch einen bleibenden Eindruck hinterlassen, denn ihr offenes Ende (die abschließende dritte[?] Staffel kam nie zu Stande, sodass M.J. am Ende verschollen blieb) und das Crossover mit mehreren Paralleluniversen machten mich damals schon mit zwei aktuell sehr gängigen Problemen/Themen vertraut - selbst manche der wirklich gelungenen Erzählungen enden vor dem geplanten Ende und Paralleluniversen/alternative Zeitlinien sind wirklich geniale Wege Was-wäre-wenn-Szenarien durchzuspielen. Die Idee verschiedener Universen und Spider-Men brachte uns ja auch Spider-Gwen, Miles Morales und die Charaktere aus dem Animationsfilm Into the Spider-Verse ein. Also wie gesagt, ich bin zwar kein echter Experte, aber ich kenne zumindest einige der Spider-Man-Bösewichte und Geschichten die man Spider-Man in den letzten 20-25 Jahren so erleben ließ.
Arkham Asylum hat mich einst (wie wohl auch viele andere Gamer und Gaming-Journalisten) belehrt, dass Videospiel-Adaptionen bekannter Superhelden-Franchises auch gut sein können. Etwas, das seinerzeit nicht gerade selbstverständlich war. Spiele zu Filmen, Serien, Romanen & Co wurden immer wieder kritisch beäugt und von vielen Entwicklern oft auch lieblos oder eben halbfertig, weil unter Zeitdruck und mit begrenzten Ressourcen auf den Markt geschmissen. Da entwickelt man halt ein gewisses natürliches Misstrauen. Doch Arkham war anders und aus dem ersten Teil entwickelte sich dann ein vierteiliges Franchise, das aus der Sicht vieler Fans heute noch fortgesetzt werden sollte, auch wenn Arkham Knight da ein gewisses Kontinuitätsproblem geschafft hat. Der Einfluss der Arkham-Spiele ist so groß, dass man selbst Gotham Knights (über die Batman-Zöglinge Nightwing, Red Robin, Batgirl und Red Hood) irgendwie als Sequel von Arkham Knight positioniert hat, obwohl man sich nicht an dessen Timeline hält. Seit Arkham gab es immer auch die Hoffnung, dass das Wunder von Gotham sich ein zweites Mal ereignen könnte - doch oft gelang es halt nicht. Als Spider-Man ursprünglich als Exklusivtitel für die PS4 erschien hätte ich auch nicht damit gerechnet. Aber die Reviews und das Gameplay sprachen einfach für sich.
Eine PS4 nur wegen Spider-Man zu kaufen erschien mir schon 2018 etwas zu gewagt. Für mich geht so eine Rechnung nur auf, wenn man irgendeinen Dauerbrenner auf der Konsole hat, in dem man hunderte Stunden verbringen kann. Spider-Man hat zwar eine open world, aber keine die sich mit dem Ausmaß eines Assassins Creed Origins vergleichen ließe. Manhattan ist etwas überschaubarer als Ägypten mit seinen Wüsten, Oasen und dem Nildelta. Das wusste ich seinerzeit zwar nicht so genau, aber selbst in AC Origins habe ich 2018 mit beiden DLC nicht mehr als 120 Stunden verbracht und das bei 100% der Achievements und einem angefangenen New Game Plus Durchlauf. Meine Hoffnung war daher schon 2018, dass Spider-Man vielleicht irgendwann für PC kommen wird oder dass ich mir in der kommenden Konsolengeneration (ja, das war vor 2020 und der großen PS5-Knappheit) eine PS5 für Spider-Man, sowie andere Titel zulegen würde, die meiner PC-Hardware vielleicht etwas zu schwer zusetzen könnten. Eine Konsole wäre ja auch günstiger als ein neuer PC und da wären auch die höheren Preise für Konsolen-Spiele wohl vertretbar. Spider-Man: Miles Morales erschien mir da als zweites Spiel neben Spider-Man auch durchaus sympathisch. Dann kam halt 2020.
An eine PS5 denke ich schon lange nicht mehr und die Strompreis-Krise lässt mich 2022 auch eher davor zurückschrecken noch ein zusätzliches Elektrogerät samt Bildschirm ans Netz anzuschließen. Regelmäßiges Umstecken ist für mich aber auch keine praktikable Lösung. Also konnte ich darüber jubeln, als Spider-Man Remastered und dann auch noch Spider-Man: Miles Morales für PC angekündigt wurden. Das Ende der Konsolenexklusivität lässt mich so nebenbei aber auch auf Titel wie Ghost of Tsushima (das Leak dazu ist nun schon min. 1 Jahr alt und das geleakte Releasedatum wäre nun wohl vor einem halben Jahr gewesen?) hoffen. Und vielleicht wird man auch nicht solange auf aktuellste Konsolen-Titel wie Horizon Forbidden West warten müssten. Ich denke da auch schon ein wenig an die Zukunft aka Spider-Man 2.
Kaum war Spider-Man Remastered für den PC vorbestellbar hatte ich meine Vorbestellung auch schon getätigt. Auf Miles Morales warte ich zwar immer noch, aber wenn das Sequel/Spinoff noch dieses Jahr auf PC erscheinen soll, kann es ja nicht mehr lange dauern. Kurz nach dem Release kamen mir allerdings die bereits einmal erwähnten Zweifel, ob ich bei Spider-Man nicht vielleicht doch einem Hype über ein mittelmäßiges Spiel aufgesessen bin. Ich habe mit dem Beginn meines Playthroughs daher auch erst mal gezögert.
Nach rund 2 Wochen musste ich mir dann sogar fast Mut machen das Spiel endlich anzufangen, nachdem ich mir einige doch wieder sehr positive Reviews zum PC-Remaster angesehen habe. Und um das ganze noch abzurunden habe ich mir kurzerhand wieder einmal Spider-Man 1, The Amazing Spider-Man 1 und Into the Spider-Verse angesehen. Da mich die ersten beiden jedoch kaum vom Hocker gehauen haben blieben einige Zweifel bestehen. Into the Spider-Verse und die Aussicht auf verschiedene Spider-Anzüge gaben mir dann aber doch den gewünschten Kick. Und ich habe es nicht bereut.
Kaum hatte ich mich mit den Oberflächen vertraut gemacht durfte ich auch schon feststellen, dass man als Besitzer des Remasters Zugang zu einigen ganz besonderen Spider-Anzügen bekommen hat. Neben den Spider-Suits aus den Filmen (wie Tobeys Spider-Attire, Andrews Spider-Man-Anzug oder den Stark Suit, Night Monkey Anzug und Iron Spider-Suit Tom Hollands) darf man sich auch darüber freuen, so fast obskure Anzüge wie Spideys Future Foundation-Anzug zur Verfügung zu haben. Dieser stammt etwa aus einem Arc, in welchem die Fantastic Four nach Johnny Storms Tod nicht einfach ein neues Mitglied aufgenommen haben, sondern das Kürzel FF für die Future Foundation nutzten, zu welcher auch die Richards-Kinder und unzählige andere Schützlinge der Fantastic Four gehörten. Als langjähriger Verbündeter der FF und Wissenschaftler (etwas das man bei Peter Parkers Lebensgeschichte in den Filmen je nach Darstellung fast vergessen könnte) bekam Spider-Man natürlich eine Einladung der Future Foundation beizutreten. Spideys weißer FF-Anzug ist meiner Meinung nach ohnehin ziemlich ikonisch.
Die verschiedenen Anzüge auszuprobieren ist jedoch nur ein kleiner Teil der Spider-Man-Erfahrung, denn anders als Batman kennt man Spidey ja auch nicht als den Typen mit einem eigenen Anzug für jeden Gegner. Spider-Man hat gerade in seiner Comics-Karriere aber auch diverse Spezialanzüge entwickelt, darunter auch den einen oder anderen die mir bekannt waren, wie seinen Stealth Suit oder Panzeranzug aus dem Big Time-Arc der Comics. Auch Spider-Man Remastered springt auf diesen Zug auf, Spidey ein Makeover zu verpassen und lässt ihn schon nach dem Intro/Tutorial den neuen Anzug schneidern, mit dem er auch auf dem Titelbild des Spiels zu sehen ist. Später kommen Spideys Schneider/Bastler-Künste noch einmal zum Einsatz, aber ich will noch nicht zuviel davon spoilern, warum und wofür er vielleicht einen zweiten Anzug brauchen wird.
Meine Besessenheit mit Spider-Mans Outfits kommt sicher auch daher, dass ich als Kind davon fasziniert war, wie viele Batman-Actionfiguren mit unterschiedlichen Anzügen es gibt. In den Filmen und selbst der Nolan-Trilogie kommt dieses Thema ja kaum vor und ich würde gerade einmal Iron Man als jemanden bezeichnen, der sich tatsächlich auch auf der großen Leinwand als jemand geoutet hat, für jeden Gegner auch den passenden Anzug entwickelt zu haben. Die Inhaber von Merchandising-Rechten lieben es ja Figuren wie Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winter-Kollektionen vermarkten zu können, auch wenn es mich stört, wenn für einen neuen Film oder Auftritt nur etwas visuelles an einem Anzug geändert wird. So gesehen hatte ich dann doch ein Problem damit, dass Spideys "verbesserter" Anzug nach dem Tutorial eigentlich nur eine visuell überarbeitete Version für das Spiel ist, um diesen Spider-Man von den anderen abzugrenzen. Mir gefiel auch das Design nicht ganz, weshalb ich dann halt die meiste Zeit über im Maguire Attire durch New York schwang. Jedenfalls bis in den dritten Arc der Main Story, als die Dinge dann doch soweit aus dem Ruder liefen, dass ich mir etwas mehr Panzerung für meinen Spider-Man wünschte.
Von allen Anzügen die mir zur Verfügung standen zog es mich gerade gegen Ende zum obigen, der mich auch an Red Hood aka den ehemaligen Robin Jason Todd (DC) erinnert.
Anzüge sind in Spider-Man Remastered jedoch eher nur etwas kosmetisches. Es reicht bestimmte Anzüge freizuschalten, um anderen Spezialfähigkeiten zu kommen, doch diese lassen sich nach erstmaliger Freischaltung mit jedem beliebigen Anzug kombinieren und Stats scheinen die verschiedenen Anzüge ansonsten zum Glück gar nicht zu beinhalten. Man kann sich also wirklich seinen Lieblings-Spider-Man-Anzug schnappen und damit durch New York schwingen, ohne irgendwelche Nachteile befürchten zu müssen.
Hinsichtlich der Anzugfähigkeiten muss ich aber auch zugeben, dass ich primär auf "Web Blossom" zurückgegriffen habe und keinen Grund sah mir außer für bestimmte Herausforderungen etwas anderes zuzulegen. "Arms Race" war neben "Web Blossom" wegen des AE-Elektroschocks dann die einzige andere Anzugfähigkeit auf die ich bewusst zurückgegriffen habe. Es gibt natürlich viele interessante Fähigkeiten, aber je nach Schwierigkeitsgrad werden gewisse Gegnerkonstellationen bei einfachen Straßenverbrechen auch schon ziemlich nervtötend, gerade im späteren Verlauf der Story. Die mit entsprechenden Token freischaltbaren Gadgets sind zeitweise wirklich Gold wert und nicht bloß, weil sie wiederum dabei helfen gewisse Challenges zu schaffen, um an extra Tokens und somit wieder mehr Upgrades oder neue Anzüge zu kommen, sondern auch weil sie Kämpfe hin und wieder stark vereinfachen können. Gegner mit Drohnen abzulenken ist eine meiner Meinung nach unglaublich wichtig, denn Spider-Mans New York ist eines in dem scheinbar jeder zweite Straßenräuber entweder gleich eine Bazooka auspackt oder zumindest zur Pistole greift. Amerika! Dieser leichte Kulturschock kommt sicher auch daher, weil mein letztes open world Action RPG Ghostwire: Tokyo war. Dort läuft man höchstens mit einem Bogen herum oder benutzt unter anderem Windmagie die man fast etwas kindisch pew pew-mäßig aus seinem Zeigefinger schießen lässt. Pistolen, Sturmgewehre, RPGs? Im von geisterhaften Wesen heimgesuchten Tokyo sucht man diese vergeblich, nicht so im New York eines Marvel-Helden.
Kämpfe in Spider-Man Remastered haben mich zunächst auch überrascht, da sich nicht an die vertraute Arkham-Formel oder eher den Arkham-Tanz aus Blocks und Angriffen halten. Ich habe dieses Jahr auch einmal Shadow of Mordor begonnen und das ließ mich ganz auf den Tanz aus Blocks und Angriffen zurückfallen, bei dem man scheinbar endlose Kombos aufbaut und nie ganz aus diesem Fluss herausgerissen wird. Spider-Man ist da anders. Kombos existieren, aber es gibt auch Gegnertypen die ihre Existenzberechtigung wohl darin finden, dass sie sich einen Namen als Kombo-Killer machen. Hätte das Marvel-Universum strengere Waffengesetze, hätten nicht so viele RPGs oder Jetpack-Trooper meine Kombos gekillt. Vielleicht würde es aber Sinn machen, das Kampfsystem etwas "rhythmischer" wie in den Arkham-Spielen zu machen. Ich bin mir aber sicher, es gibt genügend vokale Verteidiger des Status Quo, sodass Insomniac vielleicht doch besser beraten ist in Spider-Man 2 eines Tages doch nur more of the same mit einigen Komfortverbesserungen zu liefern. Es ist ja oft nur ein sehr feiner Grat zwischen Fans und Hatern.
Klassische Kämpfe gegen Horden von Gegnern sind aber nur ein Teil der Spider-Man Erfahrung, denn es gibt auch in Spider-Man Remastered so einige Stealth-Sequenzen, wie man sie vielleicht in den Arkham-Spielen zu lieben gelernt hat. Im Verlauf der 3 DLC-Kapitel erhält man sogar die Möglichkeit punktebewertete Stealth-Challenges zu spielen. Hält man sich an den von Screwball vorgegebenen Ablauf kann man sogar eine Goldmedaille in diesen Challenges erreichen. Leider hat mir dafür aber dann doch oft die Geduld oder die Übung für den perfekten Durchlauf gefehlt. Ich bin wohl doch eher der schlampige Assassine, der froh ist hin und wieder auch einen Gegner im Nahkampf ausschalten zu können. Die Screwball-Challenges sind vielleicht kein Verkaufsargument für das Spiel, aber sie sind spaßige Nebenquests, über deren "Ungerechtigkeit" man sich manchmal auch herrlich aufregen kann.
Wenn es wirklich um Verkaufsargumente pro Spider-Man geht, dann zählen dazu sicher das wirklich gelungene Fortbewegungssystem (schwingen ist problemlos, sieht gut aus und hat auch die Physik die man sich wünscht und erwartet, es gibt aber auch bestimmte Schnellreisepunkte) und meiner Meinung auch die Story.
Die Nebenquests sind durchaus abwechslungsreich, das einzig nervige wird später dann aber das Bekämpfen der verschiedenen Straßenverbrechen, die einem anfangs noch als netter Bonus in der relativ offenen Welt vorkommen. In den Nebenquests wird durchaus einiges getan, um die Story zu erweitern, so etwa wenn es darum geht vermisste Studenten anhand ihrer letzten Social Media Postings zu finden oder wenn man in die Nebenstory zu einer bestimmten Bikergang hinein gezogen wird. Natürlich hätte man da noch viel mehr machen können, aber besser die Nebenquests sind nicht zu eintönig oder wiederholen sich. Zum Wachsen hat man trotzdem noch Raum.
Das eigentlich Highlight ist meiner Meinung nach aber die Main Story mit all ihren Querverweisen und Andeutungen für mögliche Sequels und Spinoffs. Peter Parker ist in dieser Inkarnation bereits seit rund 8 Jahren Spider-Man und hat sich durchaus schon so einige Superschurken zum Feind gemacht. Ganz ikonische Charaktere fehlen zu Spielbeginn aber noch auf seiner Feindesliste. Wer Sam Raimis Spider-Man 1 kennt wird sich vielleicht wie ich von Beginn an die Frage stellen, wie es Norman Osborn zum Bürgermeister New Yorks bringen konnte, wenn er in den Filmen und Serien doch meistens zum Green Goblin wird? Natürlich hat es Norman in den Comics auch schon einmal geschafft sein öffentliches Ansehen soweit zu reparieren, dass er de facto zum Anführer der Avengers (allerdings der aus "reformierten" Schurken" gebildeten Dark Avengers) und Direktor des zu HAMMER umbenannten SHIELD werden konnte, doch er konnte (bisher?) noch nie wie etwa DCs Lex Luthor Präsident der Vereinigten Staaten werden und selbst das Bürgermeisteramt blieb ihm in den Comics meines Wissen nach bisher verwehrt. Dafür brachte es Wilson Fisk aka der Kingpin in den Comics schon einmal zum Bürgermeister New Yorks. Marvels Spider-Man Remastered steht von der Kontinuität her also abseits dessen was wir vielleicht kennen und darf somit seinen eigenen Kanon schreiben. Es tut mir leid schon verraten zu haben, wer der gerade in den ersten Missionen des Spiels noch nur als Bürgermeister bekannte Charakter ist, denn es war für mich durchaus eine gröbere Enthüllung, dass Osborn es zu einem politischen Amt gebracht hat. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich angenommen, dass man der klassischen Spider-Man-Handlung folgen wird und Osborn früher oder später als Green Goblin in Erscheinung treten wird. Genauso ging ich davon aus, dass Harry Osborns Abwesenheit wohl mit dem Goblin-Serum zusammenhängen wird.
Zeitweise erinnerte mich dieses Spider-Man etwas an die Amazing Spider-Man-Filme, etwa vom Soundtrack her oder weil man Peter in eine vergleichbare Rolle wie als Assistent von Dr. Curt Connors gerückt hat. Neben den Amazing Spider-Man-Filmen schien mir aber auch Sam Raimis Spider-Man einen gewissen Einfluss auf die Story gehabt zu haben, wobei beides am Ende vielleicht nur daran liegt, weil wir es eben mit einem Spider-Man-Spiel basierend auf der Spider-Man-Lore zu tun haben.
Kennt man Charaktere wie Norman Osborn aus unzähligen anderen Iterationen, dann ist man halt sehr kritisch gegenüber ihren Handlungen. Gerade bei Osborn habe ich jederzeit erwartet, dass er über das Ziel hinaus schießen und irgendetwas böses anstellen wird. Doch er lässt sich wirklich lange Zeit dafür in moralische Grauzonen vorzudringen und selbst dann hat er durchaus verständliche Motive für sein Handeln. Es ist halt die alte Leier von großer Macht und großer Verantwortung. Osborn hat als CEO von Oscorp und als Bürgermeister von New York ein ganzes Bündel an Befugnissen und Möglichkeiten, die ihm eine hohe Verantwortung abverlangen würden. Am Ende ist Osborn nicht einmal ganz durch sein etwas fragwürdiges Handeln kompromittiert, denn man hätte angesichts der Vorgeschichte anderer Osborns viel extremere Handlungen und handfeste Verbrechen von ihm erwartet. Dass er Oscorp benutzt, um seine politischen Ambitionen zu verfolgen und schließlich auch sicherheitspolitische Maßnahmen in New York zu setzen (so hat das NYPD seine Sendemasten von Oscorp gekauft und der spätere Einsatz von Sable International wird nicht bloß aus der Stadtkasse, sondern auch mit Gegenschäften durch Oscorp finanziert) ist für reale Standards problematisch, in-universe aber wohl gar nicht so ungewöhnlich, man denke nur an Iron Man, der den privaten Waffenbesitz soweit auf die Spitze treibt, dass er eigentlich militärisches Gerät in seinen Privatlabors herumliegen hat. Ein Politiker der sich gleichzeitig von seiner eigenen Firma neueste Sicherheitstechnik für das NYPD verkaufen lässt und später wohl durch eben dieses Unternehmen auch noch Deals mit einer Sicherheitsfirma einfädelt, die vermutlich aus dem Budget der Stadt bezahlt wird, scheint mir durchaus unsauber zu arbeiten. Musste Osborn denn seine CEO-Funktion nicht zurücklegen, um Bürgermeister zu werden oder ist das nach US-Gesetzen nicht einmal vorgesehen? Ich wäre ja doch davon ausgegangen, dass er seine Führungsfunktion und womöglich auch Firmenanteile wegen möglicher Korruptionsvorwürfe abgeben müsste. Für Oscorp ist es jedenfalls ein gutes Geschäft Norman Osborn als Bürgermeister von New York zu haben, denn scheinbar schanzt er seiner Firma so halt auch immer saftige öffentliche Aufträge zu oder involviert sie durch Nebengeschäfte mit dem Bestbieter. Das ganze kann natürlich auch schief gehen, wenn Osborn in einen Skandal verwickelt wird und der Oscorp-Vorstand oder Aufsichtsrat ihn abwählen möchte. Dann hätten wir das Spider-Man 1-Szenario, das mir einfach nicht aus dem Kopf geht.
Durch die Vorbelastung mit 8 Spider-Man-Filmen, Erinnerungen an eine Serie aus den 90ern und den Details die ich aus einigen Comics und Youtube-Videos mitgenommen habe komme ich nicht umhin dieses Spiel als Teil 1 von mehr zu sehen. Marvels Spider-Man könnte das nächste Arkham werden, wenn man die Story weiter führt und nicht einfach aufgibt. Im Gegensatz zu den meisten der Filme hat man auch den Vorteil einen schon etwas älteren Peter Parker (mit Studienabschluss) verwenden zu können, der unter anderem auch schon 8 Jahre als Spider-Man auf dem Buckel hat. Im Verlauf der Story erfährt man etwa von Oscorps Waffengeschäften und einigen der Geräten die Osborn so entwickeln lässt, darunter Prototypen die sehr stark wie ein Goblin-Gleiter, die Goblin-Bomben oder eine Goblin-Maske aussehen. Osborn sammelt sogar Goblin-artige Masken als Dekoration.
Na, wenn das mal kein großer fetter Teaser ist. Wie man im DLC explizit erfährt ist Oscorp der Hauptlieferant für die Bewaffnung der High-Tech-Söldner von Sable International. Wie in den Filmen oder Comics spielt Oscorp also eine gewichtige Rolle auf dem internationalen Waffenmarkt und der Verlust von Aufträgen könnte Osborn dann auch in Bedrängnis bringen, seinen Status und damit die Finanzierung bestimmter Herzensprojekte aufrecht zu halten. Ich sehe halt immer irgendwo ein Replay des Plots von Spider-Man 1, nur baut Marvels Spider-Man hier halt einen Twist ein, den man sich bei The Amazing Spider-Man 2 ausgeborgt haben könnte.
Ich bin jedenfalls gespannt, wohin die Reise noch gehen wird und hoffe deshalb auch, dass sie zumindest in Spider-Man 2 noch weiter geht. Spider-Man 3 wäre halt auch interessant. Marvels Spider-Man gibt da ja viel an losen Fäden her. Mr. Negative war in den Comics etwa der Auslöser für Eddie Brocks Mutation zu Anti-Venom, da er durch den Kontakt mit Negatives Kräften von einer Krebserkrankung geheilt, aber gleichzeitig neuerlich zum Wirt von noch in seinem Blutkreis existierenden Zellen des Venom-Symbionten wurde. Venom wird im Spiel jedoch nur angeteasert und dürfte in Spider-Man 2 vielleicht eher Peter Parker als Wirt wählen, womit man den ikonischen schwarzen Spider Suit ins Spiel bringen könnte. Eddie Brock taucht in Marvels Spider-Man jedoch noch nicht auf, dafür aber Mac Gargan aka der Scorpion, der in den Comics auch zu einem der Wirte für Venom wurde.
Das Ende des dritten DLCs lässt auch vermuten, dass sich Spidey in Spider-Man 2 mit der dem Punisher sehr ähnlichen Figur Wraith auseinander setzen muss. Ich würde sogar soweit gehen, hinter dem bereits angekündigten körperlichen Verfall von Doc Ock eine Möglichkeit für die Umsetzung einer Superior Spider-Man-Storyline zu sehen, in der Doc Ock den Körper Peter Parkers/Spider-Mans übernimmt. So verhasst sie manchen zu sein scheint, vielleicht bietet Marvels Spider-Man aber auch Raum für eine Adaption der Klon-Saga mit Ben Riley und/oder Kaine Parker. Immerhin haben die meisten Batman-Spiele auch kein Problem damit, die verschiedenen Robins zu integrieren, auch wenn deren Existenz in den Filmen seit den 90ern um jeden Preis vermieden werden muss.
Marvels Spider-Man hat mich aber auch überrascht, weil man tatsächlich einen Charakter sterben ließ, der ansonsten relativ wichtig für Peter Parker ist. Auf diese Weise scheint man Peter aber auch in Position für einen möglichen Venom+Spider-Man-Plot zu bringen. Einen neuen Job würde Peter nach der Main-Story ohnehin auch brauchen. Sollte er wieder zum Fotografen werden (müssen), dann könnte sich so immer noch ein Konkurrenzverhältnis mit einem anderen Fotografen oder Journalisten namens Eddie Brock in den Weg kommen. Interessanterweise vermeidet Insomniacs Spider-Man Geschichte auch die Existenz von Gwen Stacy in diesem Universum zu bestätigen und sei es nur, um ihren vergangenen Tod zu bestätigen. Gwen ist in den Comics neben Onkel Ben einer jener Charaktere, die Peter nicht retten konnte und derentwillen er Spider-Man geworden bzw. geblieben ist. Nun gibt es seit der Öffnung des Spider-Verse in den Comics auch eine alternative Version von Gwen Stacy, die in ihrer Timeline zu Spider-Gwen geworden ist und eine Version dieser trat auch im Film Into the Spider-Verse auf. Genauso wie Miles Morales war Spider-Gwen auch schon vor dem Film da und hatte ihre eigene Comic-Reihe, aber durch ihren animierten Leinwandauftritt ist sie doch deutlich bekannter geworden. Spider-Gwen stammt aber in den bisherigen Iterationen noch meistens aus einem Paralleluniversum, in dem sie statt Peter von der radioaktiven Spinne gebissen wurde. Zeitreisen (Spider-Man 2099: Miguel O'Hara) oder Paralleuniversen (Spider-Gwen, Spider-Man Noir & Co) sind für Spider-Man 2 vermutlich doch etwas zuviel, auch wenn wir durch das Marvel Cinematic Universe und Spider-Man: No Way Home mittlerweile durchaus auf diese Möglichkeiten vorbereitet wären. Ich meine, verglichen damit ist Insomniacs Spider-Man ja noch regelrecht bodenständig.
Als wahrscheinlich erster Teil einer ganzen Spielereihe lässt mich Insomniacs Spider-Man jedenfalls ziemlich über die Zukunft möglicher Fortsetzungen grübeln, weil mir das Spiel eben das Gefühl vermittelt hat eine echte Spider-Man-Geschichte zu sein. Was in der Story passiert passt trotz einiger unerwarteter Twists einfach zu dem, was ich von Spider-Man-Geschichten zu erwarten gelernt habe. Es gibt natürlich Dinge die man besser machen könnte, wie die auf Dauer doch etwas lästigen Straßenverbrechen, bei denen dann 8 Typen mit dem einen oder anderen Sturmgewehr auf einen einfachen Zivilisten los gehen. Ist Marvels Amerika wirklich so übertrieben gefährlich? Ich finde einfach beim spielfüllenden Side-Content geht noch mehr.
Soweit es den DLC betrifft, so war ich von der Dynamik zwischen Spidey und Black Cat begeistert, aber auch der emotionale zweiten DLC und sein Impact für Yuri Watanabe waren für mich interessant. Leider endete DLC Nr. 3 dann als nicht ganz so überzeugendes Action-Prügelfest, in dem sich sogar einfache Straßenräuber dann mit Sable Tech bewaffnet hatten. Als Bösewicht hatte man auch einfach den Schurken aus dem zweiten DLC buchstäblich wiederbelebt und einfach ein paar Upgrades verpasst. Nicht zu verachten waren auch die jeweils 3 neuen Anzüge pro DLC (im obigen Bild ist sogar einer davon zu sehen).