Auf Odessen hat Satele Shan gestanden, dass sie sich selbst für den Niedergang des Jedi-Ordens verantwortlich fühlt. Aber es ist vielleicht ihre übereilte Flucht ins Selbstexil gewesen, die den Orden in ihrer Abwesenheit zusammenbrechen ließ...
Keine Frage, hinsichtlich ihrer enormen Machtfähigkeiten war Satele Shan die geborene Jedi-Großmeisterin und sie füllte dieses Amt in den Jahren vor dem Krieg mit Zakuul auch anstandslos aus. Obwohl sie von Vorfahren abstammte, die es mit dem Jedi-Kodex nicht so genau genommen haben erwies sich Satele als Großmeisterin als höchst linientreu, was dem Jedi-Orden während des Krieges mit Zakuul jedoch auch zum Verhängnis wurde. Sateles Schuldgefühle auf Odessen haben vor allem mit ihrer Rolle als Anführerin zu tun, die ihre Bereitwilligkeit sich für die Republik aufzuopfern auch zum Schicksal des Jedi-Ordens machte. Satele führte den Orden in Schlachten die er nicht gewinnen konnte und all das aus einem tiefen inneren Pflichtgefühl heraus, jedenfalls bis sich der Krieg während der Belagerung Coruscants dem Ende zuneigte. Die Opferzahlen waren für den Jedi-Orden katastrophal und Satele erkannte, dass sie für die Beinahe-Auslöschung des Ordens verantwortlich war. Doch als sie das erkannt hatte, floh sie mehr oder weniger von Tython und der Orden stürzte laut einer Mail Kira Carsens an ihren geliebten Helden von Tython, den kurz vor Arcanns Invasion verschollenen Kampfmeister des Jedi-Ordens, ins Chaos. Soweit so gut, diese Geschichte kennt man, aber es gibt einen Aspekt, der bisher vielleicht einfach übersehen wurde und einiges erklären könnte.
Satele Shan besitzt nicht nur extrem schlagkräftige Machtfähigkeiten, sondern auch eines der seltensten und mächtigsten Talente, die man als Jedi oder Sith besitzen kann - die Fähigkeit zur Kampfmeditation, welche sie neben den enormen Machtkräften ihres Vorfahren Revan von ihrer Vorfahrin Bastila Shan geerbt hat. Satele ist also die perfekte Kreuzung aus Revan und Bastila, was sie in meinen Augen eben auch zur perfekten Jedi-Großmeisterin gemacht hat, die zudem als Padawan vom damaligen Jedi-Kampfmeister ausgebildet wurde. In der Gen-Lotterie hat Satele wohl wirklich den Jackpot abgeräumt und das beste erhalten, was ihre Familie so zu bieten hat.
Doch gerade Bastilas und Sateles Kampfmeditationsfähigkeit wird als Skill gerne unterschätzt, weil sie eben noch nie so eindrucksvoll inszeniert wurde, wie Sateles kämpferische Fähigkeiten. Immerhin hat Satele Darth Malgus auf Alderaan ja primär mit ihrem Kampf-Skillset eingeheizt und nicht mit der weniger spektakulären Kampfmeditation. Dass Satele jedoch auf Alderaan war und den dortigen Widerstand gegen das Sith-Imperium unterstützte lag wohl primär an ihrem speziellen Talent, auch wenn sie Jace Malcom mit ganz anderen Fähigkeiten das Leben rettete. Sateles Kampfmeditation hatte wohl einigen Einfluss darauf, dass die Sith besiegt wurden, indem sie die einheimischen Widerstandskämpfer und die republikanischen Truppen durch ihren Einfluss zusammenschweiste und durch die Macht koordinierte. So gesehen ist Satele Malgus sogar doppelt überlegen, denn sie kann ihn nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch als Anführerin besiegen.
Sateles Bedeutung für den Jedi-Orden lässt sich meiner Meinung nach auch mit der des Ex-Jedi-Meister und Sith-Lords Skere Kaan für dessen Bruderschaft der Dunkelheit vergleichen. Kaan besaß ein teils unterbewusstes Talent dafür seine Anhänger mittels subtiler Anwendung einer Variante der Kampfmeditation zusammenzuhalten und das obwohl die verschiedenen Sith-Lords seiner Bruderschaft eine Tendenz dafür besessen hatten sich gegenseitig umbringen zu wollen.
Als Großmeisterin des Jedi-Ordens hatte Satele Shan zwar mit weniger rücksichtslosen Ordensmitgliedern zu tun, aber ihr Einfluss könnte sich ähnlich stark wie Kaans erwiesen haben. Somit wäre Satele nicht nur nominell, sondern sehr real zum Herz und zur Seele des Jedi-Ordens geworden. Kampfmeditation ist jedoch keine Fähigkeit, die erst von Drew Karpyshyn erfunden wurde (weder für KotOR I, noch für die Darth Bane-Trilogie), denn tatsächlich geht diese Fähigkeit sogar auf die Thrawn-Trilogie zurück. In dieser spekulierte Großadmiral Thrawn darüber, dass das Chaos in der imperialen Flotte nach dem Tod des Imperators über Endor damit zu tun gehabt haben könnte, dass dieser eine Art mentale Kontrolle über die versammelten imperialen Truppen ausgeübt hatte. Wird diese Verbindung jedoch unterbrochen nützt auch der numerische Vorteil scheinbar nichts mehr, da die Entscheidungsfähigkeit und Moral der zuvor noch kontrollierten auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Die Vorzüge der Kampfmeditation ließen Thrawn jedoch sein Bündnis mit dem unter Realitätsverlust leidenden "Jedi-Meister" Joruus C'baoth eingehen, der Thrawn dabei half unmöglich erscheinende militärische Manöver umzusetzen. Frei nach Thrawn könnte Sateles Abgang als Jedi-Großmeisterin also die Krise des Ordens massiv verschärft haben, da sie nicht nur ein Amt ausgeübt hatte, sondern den Orden auch auf einer ganz anderen Ebene stärkte. Ohne Satele musste der Jedi-Orden wohl auseinanderbrechen.
Wäre Satele Shan Großmeisterin geblieben, hätte sie es durch ihr "übernatürliches Charisma" wohl geschafft den Orden wieder aufzubauen, aber genau das wollte sie ja nicht, da sie ihren Glauben an den Weg der Jedi verloren hatte. Satele hätte diese Zweifel dabei wohl auch auf den Rest des Ordens übertragen, sodass es wohl nicht die schlechteste Idee war sich quasi "selbst zu isolieren". Angesichts der Möglichkeit, dass Satele über ein mit Kaan vergleichbares Talent besitzen könnte lässt sich auch leicht erklären, wie sie nach Vaylins Tod und dem endgültigen Ende des Ewigen Imperiums so einfach an eine Gruppe Jedi-Schüler kommen konnte. Sateles Einfluss ist nicht zu unterschätzen, doch genau das macht sie wegen ihrer unklaren Philosophie seit Odessen auch potentiell gefährlich für den Mainstream des Jedi-Ordens. Satele könnte unter Marrs Einfluss zu einer Häretikerin geworden sein und diese Häresie an ihre Schüler weitergegeben haben, ähnlich wie Kaan den Sith-Orden ja auch durch die Übernahme von Prinzipien des Jedi-Ordens zu etwas gemacht hatte, das Darth Bane als Perversion des Sith-Ordens betrachtete. Nun da Satele von einem "Fluch" Lord Vitiates befallen zu sein scheint stelle ich mir auch die Frage, ob ihre Schüler vielleicht gerade wegen Sateles Kampfmeditation ebenfalls durch diesen infiziert wurden. Eine Steigerungsform der Kampfmeditation wäre ja auch das geistige Verschmelzen von Machtnutzern, wie es von Jorus C'baoth und seiner Jedi-Crew an Bord von Outbound Flight praktiziert wurde und später auch die Solo-Geschwister dazu inspirierte ihr eigenes Band als Vorbild des Bandes zu nutzen, mit dem sie eine Gruppe von fast 20 jungen Jedi-Rittern während der fatalen Myrkr-Mission miteinander verbanden und koordinierten. Auch wenn 6.2 vielleicht nicht auf diese Idee zurückgreifen wird, in der Lore würde sie als Möglichkeit existieren.