Es gibt Trailer die faszinieren mich gleich auf den ersten Blick...
[Vorsicht vor den angedeuteten Spoilern]
Als ich den Trailer zu Messiah zum ersten Mal gesehen habe war mir klar, irgendwann muss ich mir diese Serie ansehen. Leider verwies der Trailer aber auch gleich darauf, dass die Serie von Netflix exklusiv für Netflix produziert wurde und so verwarf ich diesen Gedanken fürs erste. Mir war nicht klar, dass kurz auf den Trailer auch schon der Serienstart folgen würde und vor allem, dass Messiah schon kurz nach The Witcher erscheinen wird. Ich nenne es mal Glück oder "eine göttliche Fügung", dass sich Messiah also noch im gleichen Gratis-Monat bei Netflix unterbringen ließ, welches ich eigentlich nur für Geralt von Rivia nutzen wollte.
Dostojewski meets Ridley Scott
Es würde mich wundern, wenn sich nicht irgendwo ein Kulturjournalist zu diesem Vergleich hinreißen lässt, aber das würde wohl auch voraussetzen, dass man neben Fjodor Michailowitsch Dostojewskis Novelle "Der Großinquisitor" auch von Ridley Scotts Film "Der Mann, der niemals lebte" (Originaltitel: Body of Lies) weiß. Als ich den Trailer zum ersten Mal gesehen hatte drängte sich mir dieser Vergleich jedenfalls sofort auf. Visuell und atmosphärisch schien mir der Trailer an Scotts Film angelehnt zu sein, wozu auch ein Teil des Settings und die Einführung einer smarten CIA-Agentin und eher stursinnigen Vorgesetzten beitrugen. Die Idee einen wiederauferstandenen Christus mit der modernen Welt und vor allem einer Inquisition zu konfrontieren schien mir jedoch von Dostojewski inspiriert und das hat natürlich etwas für sich.
Bei genauerem Hinsehen wirft diese Verbindung jedoch gleich Probleme auf, wieviel Religiosität traut man sich zu und wie schafft man es durch dieses Minenfeld zu manövrieren, wenn man neben der CIA auch israelische Geheimdienste und islamistische Terroristen involviert? Wer kommt am Ende noch am besten Weg und wer wird als die unbelehrbaren Bösen dargestellt werden, die sogar einen wiedergekehrten Christus noch einmal ans Kreuz nageln würden? Dostojewskis Großinquisitor modern neu zu inszenieren klingt zwar reizvoll, wurde aber nie als Ziel oder Konzept dieser Serie angekündigt. Worum würde es also wirklich gehen?
Ridley Scotts Verfilmung von David Ignatius Spionageroman (oder Polit-Thriller, je nachdem wie man das Genre bezeichnen will) erschien ein Jahr nachdem Leonardo DiCaprio damals wieder einmal als Hauptdarsteller für einen Oscar nominiert worden war und dann wieder leer ausging.
Der Plot des Films ist verhältnismäßig simpel, aber extrem wendungsreich. Um das Mastermind einer Terrororganisation auszuschalten, versucht CIA-Agent Roger Ferris (DiCaprio) zusammen mit dem jordanischen Geheimdienst-chef Hani Salaam (Mark Strong) den sehr isoliert lebenden Terroristen aus seinem Versteck zu locken, indem sie den Aufstieg einer neuen ambitionierten Terrororganisation vortäuschen. Fake News als Waffe! Wären da nicht diese lästigen, oft inkompetenten Vorgesetzten, die sich mehr um ihr Privatleben, als ihren Job kümmern.
Der Verdacht der CIA, dass der vermeintlich wiederauferstandene Messias ein Terrorist oder Warlord sein könnte ist natürlich nicht unbegründet und doch ist da diese Hoffnung, dass der zunächst namenlose Erlöser wie Christus in Dostojewskis Großinquisitor oder der Held von Christian Gruböcks "Bis der Tod euch rettet" ein Held sein könnte, der nur missverstanden wird und die Androhung von Gewalt benötigt, um die Weltpolitik zur Ordnung zu rufen.
Ein Marsch nach Jerusalem und Washington für das Gute? Es sieht ganz danach aus und dieser Aspekt hat mich auch an Gruböcks Roman fasziniert, in welchem es Nikolaus Troll ist, der die Rolle des gewaltbereiten Weltverbesserers einnimmt. Selbst als es in Messiah düsterer zu werden begann hatte ich noch diese Hoffnung, dass alles gut ausgehen würde.
Man wünscht sich die Großinquisitorin der CIA läge falsch und ihre Versuche den vermeintlichen Christus zu enttarnen würden im Nichts verlaufen oder sich als gegenstandslos erweisen. Doch für Illusionisten ist es der wichtigste Trick das Publikum dazu zu bringen, an die Täuschung zu glauben.
Soweit es Wunderheiler, Medien und selbsternannte Sprachrohre höherer Mächte geht bin ich sehr skeptisch, wozu sicher auch die Serie The Mentalist beigetragen hat. Serienschöpfer Bruno Heller (auch bekannt für die HBO-Serie ROME, die gerne als spirituelles Vorbild von Game of Thrones gehandelt wird oder die Batman-Prequel-Serie GOTHAM) hat es sich in The Mentalist zum Ziel gesetzt vor allem die Kunst des Cold Reading und gewisse Tricks der Illusionisten vorzustellen, welche auch in MESSIAH vorzukommen scheinen. Vielleicht hat mir meine Begeisterung für diese Tricks dann auch relativ früh den Spaß an der Vorstellung verdorben, dass der titelgebende Messias "the real deal" sein könnte. Wie jeder gute Magier bräuchte aber auch dieser Illusionist zumindest einen willigen Assistenten und von diesen Helfern erfahren wir im Zuge der ersten Staffel noch sehr wenig.
Als ich die erste Staffel abgeschlossen hatte fragte ich mich natürlich, ob eine zweite Staffel möglich wäre, auch wenn diese kaum noch den sprichwörtlichen Zauber der ersten Staffel besitzen würde. Vermutlich nicht, wenn das Geschäft mit einer zweiten Staffel als zu unrentabel wirkt und da noch keine solche angekündigt wurde könnte es auch bis 2021 dauern (wie bei The Witcher) ehe eine zweite Staffel erscheinen wird. Theoretisch wäre es allerdings möglich und denkbar, da es trotz des Ausgangs der ersten Staffel nun doch noch möglich wäre die "Jünger" des Messias ins Rampenlicht zu rücken, welche ihm während seines Auftritts auf der Weltbühne zur Seite gestanden sind und nun die zweite Phase seines Masterplans durchführen könnten. In einer zweiten Staffel würden wir zwar weniger über die mögliche übernatürliche Komponente rätseln können, doch das muss nicht für jeden Zuschauer gelten. Eine zweite Staffel wäre wohl anders und würde trotzdem noch mit gewissen Tricks herumspielen, von denen man auf den ersten Blick nicht weiß wie sie funktionieren.